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Gesang der Nonnen.


Erhebet euch mit heil’gem Triebe,
Ihr frommen Schwestern, himmelan,
Und schwebt auf blüh’nder Wolkenbahn!
Da leuchtet uns die reinste Sonne,

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Da singen wir in Frühlingswonne

Ein Lied von dir, du ew’ge Liebe!

Ob welken alle zarte Blüthen
Von dem Genuß der ird’schen Glut:
Du bist ein ewig Jugendblut

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Und unsrer Busen stäte Fülle,

Die ew’ge Flamme, die wir stille
Am Altar und im Herzen hüten.

Du stiegest nieder, ew’ge Güte,
Du lagst, ein lächelnd Himmelskind,

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Im Arm der Jungfrau, süß und lind;

Sie durft’ aus deinen hellen Augen
Den Glanz der Himmel in sich saugen,
Bis sie die Glorie umglühte.

Du hast mit göttlichem Erbarmen

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Am Kreuz die Arme ausgespannt.

Da ruft der Sturm, da dröhnt das Land:
Kommt her, kommt her von allen Orten!
Ihr Todte, sprengt des Grabes Pforten!
Er nimmt euch auf mit offnen Armen,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 031. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0031.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)