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geistlichen Professoren an der hiesigen Universität sind in diesen Stiftern als Kanonizi angestellt, und ziehen daher noch einen ansehnlichen Zuschuß zu ihrem Gehalt, da jede Pfründe jährlich gegen 10 bis 1200 Fl. beträgt.

Obschon die Domherrn und Stiftsgeistlichen so schöne Pfründen haben, so hört man doch selten Beispiele von einer großen Ausgelassenheit oder Sittenlosigkeit unter ihnen; die meisten dieser letztern suchen sich mit ernsthaften Gegenständen zu beschäftigen. Der itzige Kurfürst ist auch besonders darauf bedacht, die Zügellosigkeit der Geistlichen, so viel nur möglich ist, zu verhindern. Sogar mußten sie in den vorigen Jahren alle in langen schwarzen Röcken einhergehen. Wäre der Satz von Rautenstrauch, Eibel u. a. wahr: Quod omnes leges obligent in conscientia, so würde durch Uebertretung dieses Gebotes manche Sünde begangen worden seyn.

Wie sehr der Pöbel von dem Reichthume der hiesigen Geistlichkeit unterrichtet ist, magst du aus folgender lächerlichen Geschichte schließen. Neulich geschah es an einem Abend, daß die frommen Einwohner in der Albanskirche ihr andächtiges Wesen

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/64&oldid=- (Version vom 22.11.2023)