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Requisit, das ich von einem solchen Institute fodere; diese habe ich hier durchaus vermisset. Sobald der junge Zögling eingeführet wird, werden ihm Stücke vorgelegt, die er kopiren muß. Sobald er dieses gethan, geht er wieder nach Hause, und selten macht man ihm Bemerkungen über seine Arbeiten. Den andern Tag kömmt er zurück und erhält neue Stücke; dies dauert, bis er die ganze Sammlung von Landschaften, Blumen oder Figuren, die hier nach ihren Abstufungen aufgehänget sind, bearbeitet hat und alsdann sind seine Lehrstunden vorüber. Wie zweckwidrig dieses gehandelt sey, davon giebt uns die Bemerkung einen vollständigen Beweis, daß selten Einer in den Geheimnissen der Kunst eingeweihet ist, wenn er ausgelernet hat. Er versteht nichts als mechanisches Kopiren und auch das nicht immer. Auf die Schönheiten des Gemäldes selbst, auf Feinheit, Straffirung, Licht und Schatten wird er wenig oder gar nicht aufmerksam gemacht. Dies ist ein wahres Verderb für den jungen Künstler, und ich glaube, daß schwerlich einer von denen, welche diese Schule frequentiren, mit der Zeit Meister seiner Kunst werden kann. Ueberhaupt herrscht

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/30&oldid=- (Version vom 23.11.2023)