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Wenn man in Meiners lies’t, daß der Mainzer slavischen Ursprungs sey, so muß man dies nicht so strenge nehmen. Es ist wahr, die Slaven haben vor der Epoke Pipins und Karl des Großen die Burgunder, Schwaben, und die Bewohner jenes Theils des alten Germaniens, der an den Ufern des Maines und Rheines liegt, vertrieben, über die Elbe gejagt, und sich ihrer Wohnsitze bemächtiget. Doch ist es mehr als auffallend in der Geschichte, daß sie nicht lange die Früchte ihrer Hannibalischen Wuth genossen, sondern wieder von andern vertrieben wurden. Es ist daher schwer, den wahren Ursprung der Mainzer anzugeben. Alles was man hierüber sagen kann, sind nur willkührliche Muthmaßungen. Ich habe mehr als einmal in der Geschichte gelesen, daß die Germanier sich selten mit fremden Völkern vermischet haben. Dies scheint aber an keinem Orte weniger als hier einzutreffen. Es ist beinahe zum Glaubensartikel geworden, daß die römischen Damen in der höchsten Epoke ihrer Galanterie sehr viel auf ausländische, besonders auf deutsche Haare gehalten haben, und daß diese nicht selten, um einen römischen Kopf zu schmücken, nach Italien wandern

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/21&oldid=- (Version vom 20.7.2023)