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über den Geschmack des hiesigen Publikums. Dieser ist, so wie sein Karakter, sehr verschieden. Singspiele haben noch immer den meisten Beifall und Zulauf, und ich könnte dir Beispiele erzählen, wo Leute von nicht gemeinem Schlage nicht um die Musik, sondern um das Stück selbst die Oper besucht haben. Dies verräth um so weniger Geschmack, da wir fast kein einziges Singspiel besitzen, das ordentliche Oekonomie und Sujet hat. Bei Allem dem aber fand ich doch in dem Verzeichnisse der aufgeführten Stücke, daß man mehr Lust- und Schau- als Singspiele gegeben hat. Ein Beweis also, daß man daraus nicht gerade auf den Geschmack eines Publikums schliessen kann. Am wenigsten scheint man sich für Trauerspiele zu interessiren. Ich glaube nicht, daß seit einem Jahre 10 auf die Bühne gebracht worden, und dann ist doch das Haus meistens leer. Ich weiß nicht, ob ich die Ursache davon in dem zarten Nervensysteme des hiesigen Frauenzimmers, denn dieses macht doch immer den größten Theil der Zuschauer aus, suchen soll. Noch weniger Glück machen Stücke aus den Zeiten der Turniere und Fehden, das einzige Klara von Hoheneichen

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/141&oldid=- (Version vom 22.11.2023)