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führt ein Philister sein Mädchen am Arm spatzieren, und da hinkt gar ein Bettler an der Krücke daher. Ueberhaupt ist dieser einer der Hauptplätze, wo der Mainzer sich in seinem Staat zeiget. Wenn ein junger Stutzer einen neuen Schnitt eines Kleides, oder eine Dame eine neue Koeffüre aus Paris bekommen hat, so dürfen beide nur diesen Ort besuchen, um am folgenden Tag eine vollständige Kritik darüber zu hören. Hat das Ding gefallen, geschwind sind hundert Hände in Bereitschaft zu kopiren, und am andern Sonntage sieht man schon mehrere solcher Schnitte. Und das ist dann der größte Triumph solcher Modepuppen.

Am Ende dieser Allee liegt das sogenannte Mombacher Fichtenwäldchen, das seit den letzten Jahren sehr viel an Schönheit durch die Anlagen verschiedner Großen gewonnen hat. Die Mannigfaltigkeit dieses Ortes macht ihn besonders angenehm. Er soll vorzüglich der Lieblingsaufenthalt schmachtender Liebhaber und hitziger Mädchen seyn, die sich nicht selten in seinem einsamen Gebüsche verirren, um der guten Mutter Natur Weihrauch zu streuen. Doch werden die Feldschützen hierauf besonders aufmerksam

Empfohlene Zitierweise:
Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/136&oldid=- (Version vom 22.11.2023)