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Glieder verenkte. Wie abschreckend dieses Verfahren für einen Bürger ist, und wie es gerade der wahren politischen Theorie entgegen läuft, scheint man nicht zu erwägen.

Eben so verhält es sich mit der adlichen Geistlichkeit. „Was such’ ich auch in einer solchen Schaale ein Herz? Es darf ja nicht unter diesem Gewande schlagen. Das hat nur Sinn für eitle hirnlose Gebräuche; erhebt sich zum Gott, und ist blutdürstig wie ein Tiger. – Der ganze Reichthum ihres Herzens ist ihr eigenes Interesse. Die Leiden Ihrer Brüder erwiedern sie mit einem Achselzucken. Freiwillig würde nie eine Thräne des Mitleids in ihr Auge steigen, sie müßte denn erzwungen oder Crocodills-artig seyn. Ihrenthalben mag die Welt untergehen, wenn sie nur leben, sich mästen und sich wohlbefinden.“ In dieser Begeisterung spricht ingendwo ein beliebter deutscher Schriftsteller von dieser Menschenraçe. Und der Mann hat völlig Recht.

Auch was den Reichthum betrifft, so zeichnet sich der hiesige Adel auch unter seinen Brüdern aus. Glaubst du’s wohl, Herzensfreund! wenn ich dir

Empfohlene Zitierweise:
Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/103&oldid=- (Version vom 22.11.2023)