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kann er mit der Zeit einer der besten Regenten Deutschlands werden. Er hat ungemein viele Kenntnisse in allen Fächern der cultivirten Welt, und ist ein Mäzänat des deutschen Parnasses; er führt mit den ersten Köpfen eine beständige Korrespondenz, wie er dann auch schon einige an seinen Hof gezogen hat.

Daß der ungeheure Aufwand des Adels ein großes Hinderniß der Handlung seyn müsse, habe ich schon oben gesagt. Wie kann es auch anders möglich seyn, da er seine Goldstücke meistens an Dinge verwendet, welche die Handlung unterdrücken. Die benachbarten Städte Kölln und Frankfurth sind hierinnen weit glücklicher. Der Bürger wird geschätzt und geachtet, nimmt auch wohl Antheil an der Regierung, da der Mainzer traurig an der Schwelle der Großen vorüberschleichen, und sich mancher kränkenden Behandlung unterwerfen muß. Ich selbst sah ein Beispiel, wo ein solcher Kanibal einen armen Mann, der mit einer Tracht Holz die Straße vorüber, und jenem von ohngefähr in den Weg kam, einen so derben Stoß in die Rippen gab, daß der Unschuldige zu Boden sank, und unter der Last einige

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/102&oldid=- (Version vom 22.11.2023)