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daselbst befindet sich ein silbernes Diadem aus Abyssinien, welches einem der grossen goldenen troianischen Diademe in der Form sehr nahe kommt. In der Sammlung alter peruanischer Terracotten ist eine Vase mit Eulenkopf und ein Dutzend Vasen in Form von Thieren mit einer schornsteinartigen Oeffnung an der Stelle des Schwanzes, ganz so wie sie auch in Troia vorkommen. Ich erwähne ferner die ägyptischen Terracotta-Jagdflaschen und die kyprischen thönernen Milchflaschen, auch die verzierten alt-peruanischen Brummkreisel; auch diese Gegenstände finden ihre Analogien unter den troianischen Funden.

Die kürzlich von mir untersuchten Museen in Leyden, Kopenhagen, Stockholm, Lübeck, Schwerin, Breslau, Wien und Mainz enthalten ausser den steinernen Instrumenten und Waffen nicht das Mindeste, was den troianischen Alterthümern ähnlich wäre. Im Berliner Museum erinnert nur der goldene Ring mit den Spiralen, unter Nr. 3407, an die troianischen Ohrringe. Im Museum in Pest sah ich unter den auf dem Grabfelde von Szihalom ausgegrabenen Alterthümern mehrere Gegenstände, welche in ähnlicher Weise auch in Troia vorkommen; dazu gehören die nur 2½ Zoll langen Trichter von gebrannter, und die durchbohrten Cylinder und Pyramiden von ungebrannter, nur an der Sonne getrockneter Terracotta, welche letztere, soviel ich weiss, sonst nur noch in den schweizer Pfahlbauten gefunden sind. Merkwürdigerweise haben alle in Szihalom gefundenen Gefässe sowohl hinsichtlich ihrer Form als ihrer Farbe und ihrer eingeschnittenen, mit weissem Thon ausgefüllten Verzierungen viele Aehnlichkeit mit den von mir in Hissarlik in 6½ Fuss Tiefe, sogleich unterhalb der hellenischen Ruinen, ausgegrabenen 70 Vasen, welche weder den historischen noch den vorhistorischen Alterthümern in Hissarlik ähnlich sind.

Ich habe noch beizufügen, dass ich niemals eine Spur von Eisen oder Glas in Troia gefunden habe.

Dies, meine Herren, ist eine kurze Uebersicht über die zahlreichen Denkmäler, welche ich das Glück gehabt habe während meiner dreijährigen umfangreichen Ausgrabungen, in einem höchst ungesunden Klima, aus den Tiefen des Berges Hissarlik hervorzuholen, wo sie seit 44 Jahrhunderten begraben lagen. Mein Unternehmen hat viele verschiedene und oft ganz entgegengesetzte Meinungen hervorgerufen. Manche haben mich mit Lob, manche mit Beschimpfungen überhäuft. Vertrauensvoll überlasse ich es nun dem Urtheil dieser Versammlung von Philologen und Freunden der Altertumskunde, ob und wie weit es mir durch meine uneigennützigen Arbeiten gelungen sein dürfte, auf die dunkeln vorhistorischen Zeiten Griechenlands einiges Licht zu werfen und die grosse Frage gelöst zu haben, ob und wo in Wirklichkeit jenes Troia vorhanden gewesen sei, mit welchem das höchste Meisterwerk griechischer Poesie und die ruhmreichste aller Legenden der griechischen Geschichte für immer verbunden sind.

Dr. Heinrich Schliemann.     
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Heinrich Schliemann: Troia und seine Ruinen. , Waren 1875, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Troia_und_seine_Ruinen.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)