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Gefässe sind Seite 172 und 229 meines genannten Werks unter N. N. 138, 139 und 160, und 4 der runden Stücke auf Seite 65 abgebildet. Diese Terracotten sind ganz bestimmt weder hellenisch noch vorhistorisch. Viele der schwarzen Gefässe mit zwei grossen und hohen Henkeln haben in Form und Farbe eine sehr grosse Aehnlichkeit sowohl mit den im alten Albano bei Rom gefundenen Terracotten, wovon das Brittische Museum mehrere Exemplare hat, als auch mit den auf der Gräberstätte von Szihalom in Ungarn gefundenen Gefässen, die im Museum zu Pest aufbewahrt werden. Unterhalb der Ruinen des griechischen Ilion, nämlich in 6 ½ bis 13 Fuss Tiefe unter der Oberfläche, fand ich die Trümmer einer vorhistorischen Stadt, deren Häuser von Holz gewesen sind. Die verkohlten Trümmer und die Abwesenheit von Steinen lassen kaum einen Zweifel darüber. Alle Töpfe und Vasen, welche ich dort sammelte, sind aus der Hand gemacht, d. h. ohne Hülfe des Töpferrades; die Terracotta ist entweder roth, schwarz, grün oder grau, aber es findet sich keine Spur einer wirklichen Färbung. Ich fand dort auch Tausende von Gegenständen aus Terracotta in Form von Spindeln, welche in der Mitte ein Loch haben und auf einer Seite oder auf beiden Seiten mit eingeschnittenen religiösen[WS 1] Symbolen versehen sind. Diese letzteren sind mit weissem Thon gefüllt, damit sie in die Augen fallen. Ohne Zweifel haben diese brummkreiselförmigen Gegenstände als Opfergaben oder Weihgeschenke an die Götter gedient, besondere an die ilische Schutzgöttin Minerva, die homerische θεά γλαυχώπις Άθήνη, deren Bild ich dort sehr oft fand. Die meisten dieser Bilder sind reliefartig modellirt auf den Vasen, welche alle charakteristischen Abzeichen dar Göttin, 2 Flügel, ein Eulengesicht und eine Art von Helm haben, auf dem das Frauenhaar angegeben ist. Dass die Flügel nicht als Griffe dienen, sondern wirkliche Flügel darstellen sollen, das beweisen die ausser denselben an vielen Vasen befindlichen Henkel. Aber viele Vasen haben nur die charakteristischen Abzeichen der Frau, 2 Flügel und einen graden Hals, auf welchen der mit einem Eulengesicht und Helm versehene Deckel passt. Ich fand dort auch eine grosse Menge flacher, dünner Idole von Knochen oder Marmor mit einem eingeschnittenen Eulengesicht und mit oder ohne Frauengürtel. Auf vielen dieser Idole war das Eulengesicht bloss mit schwarzem oder rothem Thon gemalt. Steinerne Werkzeuge fand ich nicht in diesem obern vorhistorischen Stratum, nur einige ovale Handmühlsteine von Trachyt, 12—16 Zoll lang und 6—7 Zoll breit, deren eine Seite flach ist; ich fand dort ausserdem Sägemesser von Silex. Von Metall fand ich nur gerade oder krumme Messer, einige Pfeile und einige Streitäxte mit zwei Schneiden, sowie viele Haarnadeln in Form langer dünner Nägel: alle diese letzteren Sachen von Bronze nach der Analyse von Damour in Lyon, und von reinem Kupfer nach der Analyse von Landerer in Athen. In einer Tiefe von 13 bis 23 Fuss fand ich die Trümmer einer noch viel älteren vorhistorischen Stadt, die von kleinen mit Erde vereinigten Steinen erbaut war. Es sind die Gerippe aller Häuser erhalten, so dass die Stadt, gleichwie Pompeji, ausgegraben werden könnte. Ich fand in den Trümmerschichten dieser Stadt eine sehr grosse Menge steinerner Hämmer, Aexte, Streitäxte, Handmühlsteine, Gewichte, Sägemesser u. s. w., aber gleichzeitig mit diesen Werkzeuge und Waffen von Bronze und unzählige verzierte, durchbohrte Brummkreisel verschiedener Form; ebenso Massen von aus der Hand gemachten Töpfen und Vasen phantastischer Form, deren Fabrikat eine grössere Civilisation bezeugt. Auch Massen kleiner Meermuscheln, sowie Rückgratwirbel von Haifischen, welche beweisen, dass diese Ungeheuer einst im Ueberfluss in diesen Meeren vorhanden waren, während sie jetzt vollkommen daraus verschwunden sind. Ich fand dort ausserdem sehr viele Eberzähne.

Unterhalb dieser Stadt entdeckte ich, in einer Tiefe von 23—33 Fuss, eine noch viel ältere Stadt, welche augenscheinlich in einer furchtbaren Katastrophe durch Feindes Hand zerstört

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: eingeschnittenenre ligiösen
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Heinrich Schliemann: Troia und seine Ruinen. , Waren 1875, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Troia_und_seine_Ruinen.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)