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     Herr Gott, du bist unsre Zuflucht für und für,
     Ehe denn die Berge wurden
und die Erde und die Welt geschaffen wurden,
bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit;
     der du die Menschen lässest sterben,
und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!
     Denn Tausend Jahre sind vor dir
wie der Tag, der gestern vergangen ist,
und wie eine Nachtwache.
     Du lässest sie dahin fahren wie einen Strom,
und sind wie ein Schlaf;
gleich wie ein Gras,
das doch bald welk wird,
das da frühe blühet und bald welk wird,
und des Abends abgehauen wird und verdorret.
     Unser Leben währet siebenzig Jahre,
wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre,
und wenn’s köstlich gewesen ist
so ist’s Mühe und Arbeit gewesen;
denn es fähret schnell dahin,
als flögen wir davon.

     Herr, lehre doch mich,
daß ein Ende mit mir haben muß,
und mein Leben ein Ziel hat,
und ich davon muß.

     Siehe, meine Tage sind einer Hand breit bei dir,
und mein Leben ist wie nichts vor dir.
Wie gar nichts sind alle Menschen,
die doch so sicher leben.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Lietzmann: Wilhelm Kroll (Trauerrede). Privatdruck, Berlin 1939, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Trauerrede_Lietzmann_2.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)