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Vermochten’s nicht mein nasses Aug’ zu trocknen.

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Ich stahl mich heimlich fort aus Alys Schloß,

Und war in wen’gen Stunden hier zurück.
Hier auf dem Boden wälzte sich mein Vater,
Sein Kleid zerrissen, Asche auf dem Haupt,
Und wildzerrauft des Bartes weiße Locken.

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Hier neben ihm lag weinend meine Mutter,

Mitsammt den Dienerinnen schwarz verschleyert.
Und wenn es still ward, und nur eine Stimme
Aufseufzend rief das Wort „Granada!“ so
Ergoß sich doppelt laut die alte Klage.

Hassan.
     (Weinend.)

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Versieget nie, ihr ew’gen Thränenquellen!


Almansor.
Sieh’ nicht so kläglich aus, du alter Hassan.
Weit besser kleidet dich der Löwentrotz,
Mit dem du, harnischglänzend, waffenklirrend,
Zu uns Erstaunten tratest in den Saal.

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Ich seh’ dich noch, wie du zum Vater sprachest:

„Ich kann nicht länger dienen dir, Abdullah,

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Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)