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und wachsenden Materie geschaffen worden. Er kan daher wachsen und sich nähren, geschwächt und gestärcket, kranck und gesund werden. Welches alles von der Seele nicht gesagt werden kan, als welche ein Geist ist, dessen Wesen, seiner Simplicität nach, keiner Veränderung unterworffen ist. Immittelst hanget des Menschen Leben allerdings an der Seele, weil der Mensch aufhöret ein Mensch zu seyn, so bald ein wesentlicher Theil desselben anfängt zu mangeln. Wer daher seinen Geist aufgiebt, von dem heist es auch, er sey gestorben, weil der rückständige Leib zwar ein Leib, aber nicht ein Mensch genennet werden kan.


§. 16.

Es fragt sich aber: ob denn der Leib, nachdem die Seele davon ausgegangen, noch lebendig, frisch und wachsend bleiben könne?[1] Wir können solches nach unsern Grund-Sätzen nicht leugnen. GOTT hat den menschlichen Leib geschaffen, ehe noch die Seele verhanden gewesen. Wenn wir die heil. Schrifft auffschlagen, Gen. II. 7. Und GOtt der Herr machte den Menschen aus einem Erden-Klose, und er bließ ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele; wird uns dieses deutlich zu erkennen gegeben. Denn es erhellet daraus, daß GOTT die Substantz


  1. Utrum corpus reddita anima adhuc manere possit vividum ac vegetans?