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vornehmlich die Weiber verleumden solle, da sie ja ohne diß schon allezeit vor geringer denn die Männer gehalten worden. Christus ist zwar von einem Weibe gebohren worden, hat aber doch männliche Gestalt und männliches Geschlechte angenommen. Ich wolte daher lieber davor halten, es thäte der Teuffel besser, wenn er das männliche Geschlechte auff einige Art verleumden und dem weiblichen Geschlechte geringer machen könte. Alleine was wollen wir uns darüber lange mit vielen Muthmassungen auffhalten, da es eine Sache betrifft, die ausser Streit gesetzet ist. Denn es sind ja von beyderley Sexu und Geschlechte Exempel der schmatzenden Todten verhanden, unter welchen dasjenige, das neulich aus Hungarn berichtet worden, unfehlbar die oberste Stelle verdient, allwo nicht eine Weibs-sondern eine Manns-Person das Subjectum Masticationis gewesen.


§. 46.

Das vierte Vorurtheil, das aus Aberglauben des Pöbels von denen schmatzenden Todten geheget wird, betrifft die Zeit, zu welcher vornehmlich die todten Cörper in den Gräbern schmatzen sollen. Es ist eine allgemeine Meinung, daß solches zur Pest-Zeit geschehe. Alleine ob wir gleich zugestehen, daß uns zu solcher Zeit die meisten Exempel bekannt worden, so ist doch die Ursache davon nicht in der Pest selbst zu suchen. Die Pest hat nur Gelegenheit gegeben, daß dieses Wunderzeichen desto mehr bekannt und offenbahr