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auch nur aus der inwendigen Stille eine wirkliche Kraft zu gesegneter Arbeit. Laßt uns nichts so sorgfältig pflegen und hüten als die ununterbrochene Gemeinschaft mit unserm unsichtbaren Freunde. Ach daß alles, was unter uns unserem ewigen Könige noch mißfällt, immer mehr ausgetan würde, auch alle Mutlosigkeit, auch alles heimliche oder offenbare Verzagen, wir müssen die Fahne hochhalten und trotz alles Elendes mit erhobenem Haupt dem ewigen Sieg entgegenringen. Wie klein, wie klein sind unsere Angelegenheiten, die uns oft so niederdrücken, wenn wir sie unter das Licht des Kreuzes und des Ostersieges stellen! Wir gehen ja freilich dahin unter einer Fülle von Eindrücken und äußeren, mitunter auch schweren Erlebnissen. Aber die eigentliche Geschichte, die sich dabei abwickelt, ist doch nicht das, was vor Menschenaugen sichtbar ist, sondern es ist auf unsere Seelengeschichte abgesehen, und die Hauptsache bleibt, was Gottes Geist unter den oft verwirrten äußeren Dingen an uns erreichen will zu unserer Läuterung und Vollendung. Wir wollen Ihm stillehalten. Wie wird uns alles so heimatlich berühren im Vaterhaus, und wie werden wir erst merken, wie fremd wir in der Fremde hier unten waren.

 Und nun schenke uns Gottes Erbarmen einen heiligen, gesegneten Karfreitag und ein fröhliches Osterfest, daß wir’s merken, daß Sein Geist uns berührt und Seine Gnade uns heimgesucht hat.

Eure Therese.


An Schwester Regine Meisinger.
Neuendettelsau, 4. April 1891

 Meine liebe Regine, morgen ist Konfirmation, und es wimmelt von Menschen. Unser liebster Herr Rektor wird einen schweren Tag haben. Heute ging’s ihm recht gut, er ließ sich im Rollstuhl ausfahren und besah sich den Bauplatz, was Gott vor hat, wissen wir nicht. Es wird immer in den Gottesdiensten um Genesung gebetet...

Deine Mutter.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 10. Apr. 1891

 Meine liebe Charlotte, ich bin so traurig über unsere überaus wenigen Diakonissenschülerinnen. Schwester Berta Wieland

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/66&oldid=- (Version vom 8.8.2016)