Seite:Therese Stählin - Auf daß sie alle eins seien.pdf/119

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
An Schwester Elisabeth von Oldershausen nach dem Umzug der Krippe aus der Langen Gasse in die Wetzendorfer Straße.
Kloster Marienberg, den 29. November 1894

 Meine geliebte Schwester, nun seid Ihr eingezogen und feiert Advent schon im schönen, neuen Hause. Nun hat Dir Gott nach viel Mühe und Not diese große Freude beschert. Leider kann ich nicht bei der Einweihung sein und werde auch kaum auf dem Rückweg zu Dir kommen, aber ich komme dann extra in Dein Haus; jetzt geht ja auch die Bahn bis Dettelsau, da kommt man schnell hin und her.

 Und nun hat Gott unsere liebe Lina von Egloffstein so schnell vollendet. Wie gar nichts wissen wir oft, daß eine Seele so nahe am Ziel ist!

 Grüße alle Deine Schwestern. Ich sende Euch den Spruch zum Einzug: „Mein Angesicht soll mit dir gehen, damit will ich dich leiten.“

 „Wo nicht dein Angesicht mit uns gehet, so führe uns nicht von dannen herauf“, spricht Moses, und wir sagen’s ihm nach. Aber Er wird mit Euch ziehen. Es möge Euer Haus immerdar, solange es steht, eine Stätte des Friedens und des Segens sein. Grüße Deine Schwestern herzlich, jede einzelne sonderlich. Laßt uns lieb haben, das ist das Einzige, was wir einander im armen Leben geben können.

Gott behüte Dich! Deine Therese.


An eine Schwester.
Kloster Sankt Marienberg, Freitag vor Advent 1894

 Meine liebe Schwester, wie kannst Du denken, daß ich nichts von Dir wissen wolle! Ach, solch ein Wort will ich nie hören. Wohl war ich traurig, als ich hörte, daß es in B. wieder nicht recht gehen will. Du weißt es, wie ich mit Dir immer schon den Grund habe erforschen wollen. Ist es nicht das Hervortreten des Ich, was Dich für die Gemeinschaft so unfähig macht? Ach, laß die Ichheit ertöten durch Seine Gnade! Ich möchte sie bei mir auch ertöten lassen. Ich will am Sonntag Euer gedenken. Sein Blut reiße jede Scheidewand nieder, verbinde alles, was in Ihm doch eins sein möchte.

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/119&oldid=- (Version vom 22.8.2016)