„Dir vielleicht, aber nicht deiner Mama.“
„Sie hat sich nun auch darin gefunden.“
„Darin gefunden! Sieh, mein Junge, da liegt die Anklage und die alte Frau hat auch ganz Recht. Das sag ich mir jetzt alle Tage, wenn ich da unten mit meiner Luise sitze und ihr mein Weltsystem entwickele, weil ich keinen andern habe, dem ich es vortragen kann, und wenn dann die beste Stelle kommt und ich mit einem Male sage: „nicht wahr, Luise?“ sieh, dann fährt sie zusammen oder sitzt da wie ein Zaunpfahl.“
„Es wird Dir schwerer als uns, Papa.“
„Wohl möglich. Und es würde mir noch schwerer, wenn ich mir nicht sagte: die Verhältnisse machen den Menschen.“
„Das sagtest Du schon, wie wir noch Kinder waren. Und gewiß ist es richtig.“
„Ja richtig ist es. Aber damals, ich kann so zu Dir sprechen, denn Du bist ja nun selber schon ein alter Knabe, damals sagte ich es so hin und dachte mir nicht viel dabei. Jetzt aber, wenn ich meinen alten Lieblingssatz ausspiele, thu ich’s mit Ueberzeugung. So ganz kann es einen freilich nicht beruhigen. Aber doch beinah, doch ein bischen.“
Ich nahm seine Hand und streichelte sie.
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/295&oldid=- (Version vom 1.8.2018)