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Ferber war an seinem neuen Wohnort bald ebenso beliebt, wie vorher in Berlin, denn er hatte jene Charaktergütigkeit, die „der Flasche liebstes Kind“ ist. Von meinem Papa hielt er sehr viel, was dieser erwiederte. Doch war diese Freundschaft nicht gleich von Anfang an da, sondern entwickelte sich erst aus einer kleinen Controverse bez. Niederlage meines Vaters, zu dessen liebenswürdigen Eigenthümlichkeiten es gehörte, seinen Aerger über eine „Deroute“ spätestens nach 24 Stunden in Anerkennung und beinahe Huldigung umzusetzen. Mit dieser Niederlage aber verhielt es sich so. Von Seiten Ferbers war eines Tages behauptet worden, daß man wohl oder übel, einen Deutschen als den „Vater der französischen Revolution“ ansehen müsse, denn Minister Necker, wenn auch in Genf geboren, sei der Sohn oder Enkel eines Küstriner Postmeisters gewesen, – eine, so schien es meinem Vater, ganz stupende Behauptung, die denn auch seinerseits mit beinahe überheblicher Miene bekämpft worden war, bis sie sich schließlich als im Wesentlichen richtig herausstellte. Da schlug denn sofort bei meinem Papa das aus seiner Ueberzeugung von seinem besseren Wissen erwachsene Selbstgefühl zunächst in Respekt, dann in Freundschaft um, und noch 20 Jahre später, wenn wir, von unserem Oderbruch-Dorfe aus,

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Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/271&oldid=- (Version vom 1.8.2018)