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Aufgaben nicht mehr aus. Ich war nicht eigentlich wild und wagehalsig und alle meine Kunststücke, die mir als etwas Derartiges angerechnet wurden, geschahen immer nur in kluger Abmessung meiner Kräfte, trotzdem hab ich, im Rückblick auf jene Zeit, das Gefühl eines beständigen Gerettetwordenseins, ein Gefühl, in dem ich mich auch schwerlich irre. Denn als ich mit 12 Jahren aus dem elterlichen Hause kam, in einem Alter also wo die Fährlichkeiten recht eigentlich erst zu beginnen pflegen, wird es mit einem Male ganz anders, so sehr, daß es mir vorkommt, als habe mein Engel von jenem Zeitpunkt ab wie Ferien gehabt; alle Gefahren hören entweder ganz auf oder schrumpfen doch so zusammen, daß sie mir keinen Eindruck hinterlassen haben. Es muß also, bei dem Dichtnebeneinanderliegen dieser Zeitläufte, doch wohl ein Unterschied gewesen sein, der mir so ganz verschiedene Gefühle zurückgelassen hat.

Aus sogenannten Schlüsselbüchsen schießen, war ein Hauptvergnügen. Es wird solche Schlüsselbüchsen unter Großstadtskindern kaum noch geben und deßhalb möcht ich sie hier beschreiben dürfen. Es waren Hohlschlüssel von ganz dünner Wandung, also so zu sagen mit ungeheurer Seele, womit die Wäschetruhen und namentlich die Truhen der Dienstmädchen

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Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/263&oldid=- (Version vom 1.8.2018)