umgekehrt als Hinderniß zum Glück, zu wirklichem Glück, das sie von Besitz und Vermögen als unzertrennlich ansah. Ein Hunderttausendthalermann war etwas und sie hatte Respekt und selbst Ehren für ihn, während ihr Gerichtspräsidenten und Consistorialräthe nur wenig imponirten und ihr noch weniger imponirend erschienen wären, wenn nicht im Hintergrunde das von ihr respektirte „Staatliche“ gestanden hätte. Sie war unfähig, sich vor einer sogenannten geistigen Autorität in gutem Glauben zu beugen, nicht weil sie von sich selbst eine hohe Meinung gehabt hätte (sie war im Gegentheil völlig ohne Eitelkeit und Einbildungen) sondern nur weil sie, wie sie nun mal war, auf dem praktischen Gebiete des Lebens – und die nichtpraktischen Gebiete kamen für sie gar nicht in Betracht – eine Macht des Wissens oder gar der Gelehrsamkeit nicht anerkennen konnte. Ich erinnere mich noch der Zeit, wo seitens beider Eltern, etwa 20 Jahre nach dem hier Erzählten, eine Trennung, eventuell Ehescheidung geplant wurde. Die Trennung erfolgte dann auch wirklich, die Ehescheidung unterblieb. Aber diese letztere wurde doch vorübergehend ganz ernsthaft erwogen und ein Freund unseres Hauses, der damalige bethanische Geistliche, Pastor Schultz, dessen Spezialität Ehescheidungsfragen waren (es war die Zeit unter
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/224&oldid=- (Version vom 1.8.2018)