gewöhnlich. Es blieb uns also nichts Anderes übrig, als unsere Mappen zu packen und unsern Schulgang ganz alltäglich zu Fuß anzutreten, während wir doch mit Sicherheit darauf gerechnet hatten, in einem Boot in die Schule fahren und unterwegs bei Bäcker Woltermann unsere Frühstücksbrödchen kaufen zu können. Ein kleiner romantischer Hang saß uns Allen tief im Geblüt und blieb uns auch für manches weitere Jahr. 1848, wo wir Kinder doch Alle schon erwachsen waren, kriegten wir noch einmal einen starken Anfall von dieser Lust am Abenteuerlichen. Wir lebten damals im Oderbruch und verfolgten die durch die Märztage auch in der Provinz Posen heraufbeschworenen Vorgänge. Eines Tages hieß es: „Die Polen kommen: sie stehen schon südlich von Küstrin und wollen auf Berlin zu, um mit dem Berliner Volk zu fraternisiren“. Ich hielt es eigentlich für Unsinn, trotzdem regte mich die Nachricht angenehm auf, meine Geschwister noch viel mehr, und alle Stunden gingen wir auf die höchstgelegene Bodenstube, um von dort aus Ausschau zu halten. Als es zuletzt hieß „sie kommen nicht“, waren wir eigentlich traurig; Confederatka, rothe Schärpe, Uebungsversuche im Französischen, all das wäre doch mal was anderes gewesen.
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/192&oldid=- (Version vom 1.8.2018)