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saß ich auf einem Schemel neben ihm und hörte seiner Geschichte zu. „Ja,“ so schloß er, (natürlich alles in Plattdeutsch) nach einer Weile, „so war das mit Mohr und seiner Frau. Die sind nu Beid’ in Prison und die Frau is krank und verfallen und macht es woll nich lange mehr, er aber, er is oben auf und der alte Pietzker drüben meint auch, ‚an’s Leben gingen sie ihm nich.‘ Und das is auch richtig und is noch von Anno 6 her. Da war er Soldat in Regiment Möllendorf und Napoleon, als es bei Jena nich recht weiter wollte, soll da ganz wüthend gesagt haben: ‚wer is denn blos der Kerl da? So was hab’ ich ja in meinem ganzen Leben noch nicht gesehn.‘ Und unser König, als er wieder ein bischen in Ruhe war, hat auch an Mohr’n schreiben lassen, er könne sich eine Gnade ausbitten. Und die Gnade, die hängt noch, die is noch nich ’runter, und deshalb sagt Mohr immer: „sie können nich, auch wenn sie wollen; ich habe des Königs Gnade.“

Das klang so weit ganz gut, aber was diesen Schlußworten Ehms vorausging, also die eigentliche Geschichte, die klang schlimm und es lief mir dabei kalt über den Rücken. Mohr war ein Mann von Mitte 40, ein guter Lichterschiffer, der zwischen Stettin und Swinemünde fuhr und immer allerhand Kaufmannswaaren

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Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)