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nur forderte, daß sie hübsch seien, sonst verlohnte sich’s ihm nicht. Ich habe diese Neigung, in scherzhaftem Tone mit Damen in diffizile Debatten einzutreten, von ihm geerbt, ja, diese Neigung sogar in meine Schreibweise mit herübergenommen und wenn ich entsprechende Scenen in meinen Romanen und kleinen Erzählungen lese, so ist es mir mitunter, als hörte ich meinen Vater sprechen. Blos, daß ich sehr hinter ihm zurück bleibe, was mir, als er schon über 70 und ich, dem entsprechend auch schon leidlich bei Jahren war, von Leuten, die ihn noch in seiner guten Zeit gekannt hatten, oft gesagt worden ist. „Hören Sie,“ so hieß es dann wohl, „Sie sind ja so weit ganz gut, wenn Sie mal Ihren glücklichen Tag haben, aber gegen Ihren Vater können Sie nicht an.“ Und das traf auch sicherlich zu. Seine von Bonhommie getragenen und zugleich von phantastischen Advokatenkunststücken unterstützten Plaudereien, waren – auch wenn sie Geldsachen, wo doch sonst die Gemüthlichkeit aufhört, betrafen – geradezu unwiderstehlich und dabei von so nachwirkender Kraft, daß keines von uns Kindern je das geringste bittere Gefühl über seine höchst merkwürdigen Finanzoperationen unterhalten hat. Nur meine Mutter war zu sehr anders geartet, um durch seine gesellschaftlichen Liebenswürdigkeiten umgestimmt oder erobert

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Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)