Seite:Theodor Fontane – Meine Kinderjahre.djvu/085

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

oft erst erhob, wenn die Dunkelstunde schon da war. „Papa schläft wieder bis in die Nacht hinein.“ Ich wurde dann, wenn gute Tage, d. h. Friedenszeiten waren, abgeschickt, ihn zu wecken, was ich immer gerne that, weil er dabei nicht blos von besonders guter Laune, sondern sogar von einer ihm sonst gar nicht eignen Zärtlichkeit gegen mich war. Ich mußte mich dann zu ihm setzen und er plauderte mit mir, weit über meinen Kopf weg, über allerhand merkwürdige Sachen, die mich, vielleicht gerade deshalb, entzückten. Ich komme weiterhin auf diese wunderlichen und mir für mein Leben verbliebenen Gespräche zurück.

Ja, das waren glückliche Stunden. Aber es kamen auch andere. Dann wurde ich nicht hinein geschickt um ihn zu wecken, sondern ging aus eigenem Antriebe, um nach ihm zu sehen. Er lag dann auch ausgestreckt auf dem Sopha, aber auf seinen Arm gestützt und sah durch das Gezweig eines vor dem Fenster stehenden schönen Nußbaumes, in das über den Nachbarhäusern liegende Abendroth. Ein paar Fliegen summten um ihn her, sonst war alles still, vorausgesetzt, daß nicht gerade der Kohlenprovisor an seinem Mörser stand und stampfte. Wenn ich dann an das Sopha herantrat und seine Hand streichelte, sah ich, daß er geweint hatte. Dann

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/085&oldid=- (Version vom 1.8.2018)