Wurzelreste wegzuschwemmen. All dieser Abgang wurde vermittelst einer schräglaufenden Steinrinne in eine Senkgrube geführt, die sich schon draußen auf der Straße befand, deren Ausdünstungen aber nichtsdestoweniger in das Laboratorium zurückschlugen. Allzu schlimm kann es nun freilich damit nicht gewesen sein, denn während meines fünfjährigen Swinemünder Aufenthalts kam in unsrem Hause kein Typhusfall vor, nur für mich persönlich wurde diese Sumpfluft geradezu schrecklich und alsbald, und dann ein ganzes Jahr lang, vom kalten Fieber geschüttelt, legte ich hier die Grundlage zu meinem immer zum Malariafieber hinneigenden Gesundheitszustande. Sehr wahrscheinlich wäre mir dies alles erspart geblieben, wenn sich mein Vater zu zwanzig oder fünfzig Gran Chinin hätte aufraffen können. Aber Chinin war damals noch theuer und so mußte ich mich mit einer aus Chinarindenpulver und eingedicktem Mohrrübensaft zusammengerührten Latwerge begnügen. Die wollte nicht recht helfen, abgesehen davon, daß es eine Qual war, sie herunter würgen zu müssen. Ich denke noch mit eigenthümlichen Gefühlen daran zurück, aber es herrschte damals ganz allgemein das Erziehungsprincip vor: „ach, solch Junge frißt sich durch“ und mein Vater, der, wenn es ihm gerade
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/065&oldid=- (Version vom 1.8.2018)