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gleich am ersten Abend, ein unbestimmtes, mich eine Weile gruselig machendes Gefühl, das noch wuchs, als der vor meiner Schlafkammer stehende Kirschbaum leise die Scheiben streifte. Aber müde von der Reise, schlief ich trotzdem ein und erschien am andern Morgen wohlgemuth in der noch leeren Wohnstube meines Vaters. Hier, auf Schemeln und Küchenstühlen sitzend (denn mit Ausnahme der Betten war noch nichts ausgepackt) nahmen wir gemeinschaftlich das Frühstück, mein Vater in bester Stimmung. Als wir, es währte nicht lange, damit fertig waren, nahm er mich bei der Hand und sagte: „Nu komm, mein Junge; die andern sind noch zu klein, aber Du bist schon verständig und da wollen wir uns denn die Sache mal ansehen. Als ich Weihnachten hier war, war es so kalt, Du weißt, daß der Cognac einfror, und da war denn an Inspektion nicht zu denken. Ein bischen habe ich die Katze im Sack gekauft. Aber das thut nichts, Alles im Leben bleibt unsicher, und die Geschäftsbücher stimmten.“ Er sagte das Meiste davon mehr zu sich selbst, als zu mir, wie er denn sein ganzes Leben lang, seine Conversation immer mehr nach seinem persönlichen Bedürfniß als nach der Beschaffenheit seiner Hörer einrichtete. Meistens waren es Selbstgespräche. Seine letzten Jahre verlebte

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Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/057&oldid=- (Version vom 1.8.2018)