Ein paar Personen, die bestimmt waren, vorläufig wohl oder übel den Hausstand zu führen, standen an der mit beiden Flügeln geöffneten Hausthür und kamen uns etwas verlegen entgegen. „Ein Abendbrot ist doch wohl da,“ sagte mein Vater und ehe wir noch darüber beruhigt waren, traten wir auch schon in einen gelb gestrichenen, mit Mauersteinen gepflasterten Flur, der durch die ganze Tiefe des Hauses lief. Auch das berührte mich ganz eigenthümlich. Zum Glück aber war, von Anfang an, immer etwas da, was mit dem Rohen und Unkultivirten wieder versöhnen mußte. So gestattete mir der gepflasterte Flur, weil seine Hinterthür weit offen stand, einen Blick in den Garten und auf den Abendhimmel, an dem eben die schmale Mondsichel sichtbar wurde. Das blasse Licht derselben fiel auf eine Gaisblattlaube vor deren halbüberwachsenem Eingang eine ziemlich junge Tanne stand. Dieser Anblick erfüllte mich mit etwas wie Hoffnung und diese Hoffnung trog auch nicht. Es war ein wunderbar schönes Leben in dieser kleinen Stadt, dessen ich noch jetzt, wie meiner ganzen buntbewegten Kinderzeit, unter lebhafter Herzensbewegung gedenke.
Wir setzten uns, bald nach Eintritt in unser Haus, zum Abendbrod nieder. Für uns Kinder war es Milchsuppe, für gewöhnlich nicht mein Geschmack.
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/053&oldid=- (Version vom 1.8.2018)