mit „bon sens“ und „savoir faire“ und war, ganz vereinzelte Ausnahmen abgerechnet, nie dazu zu bringen, sich zu willfähriger Anerkennung der „homines literati“ aufzuraffen. Es gab das, wenn er seinen sogenannten „ehrlichen Tag“ hatte, den Tag also, wo er aus seiner sonstigen Politesse herausfiel, mitunter recht verlegene Situationen für uns Kinder, im Großen und Ganzen aber bin ich ihm doch das Zeugnis schuldig, daß er, den ihm persönlich zu Gesichte kommenden Studierten gegenüber, in neunzehn Fällen von zwanzigen immer im Rechte war. Und es konnte dies auch kaum anders sein. Er war – weil er viel Zeit hatte, leider zu viel, was für ihn verhängnisvoll wurde – von Beginn seiner Selbständigkeit an, ein überaus fleißiger Journal- und Zeitungsleser und weil er sich nebenher angewöhnt hatte, wegen jedes ihm unklaren Punktes in den Geschichts- und Geographiebüchern, besonders aber im Conversationslexikon nachzuschlagen, so besaß er, auf gesellschaftliche Conversation hin angesehn, eine offenbare Ueberlegenheit über die meisten damals in kleinen Nestern sich vorfindenden Aerzte, Stadtrichter, Bürgermeister und Syndici, die, weil sie sich tagaus tagein in ihrem Berufe quälen mußten, sehr viel weniger Zeit zum Lesen hatten. Erlitt er ’mal eine Niederlage,
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: Fontane, 1894, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/013&oldid=- (Version vom 1.8.2018)