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Achte Satyre.
Der Poet.


So soll ich nicht einmal empfindlich mich erzeigen
Und wie ein stummer Fisch dem Midas Bruder schweigen?
Wer hat denn eben ihm zum Schmähen nur vergunt,
Und mir zur Noth und Schutz verschlossen meinen Mund?
Ist ein Poet ein Narr? Verläumder, kahler Lauser,
Wie theur der Hundert eins? Ein guter Brocken-Mauser.
Ich sage billig Danck der allzu hohen Ehr.
Der Reußen Großfürst hat nicht fast der Titul mehr.
Mein Tscherning, höchster Freund, ihr Meister in den Dichten,
Der ihr ein treflich Werck selbst manchen könt und richten,
Den die gelahrte Kunst hat Welt-berühmt gemacht
Und hoch bey Königen und Fürsten aufgebracht.
Wie, lieber, kommt doch diß, daß solche Himmels-Gaben,
Die niemand als von GOtt und seinem Geist kan haben,
Die nicht zu kaufen stehn um Waaren oder Geld,
Ja die mit Ehren krönt das höchste Haupt der Welt,
Von manchem Rücke-Maul so schimpflich wird verlachet,
So liederlich geschmäht, so hönisch ausgemachet?
Was unter Funftzigen kaum Fünfen wol geglückt,
Das wird zum Schabernack itzunder aufgerückt.
Ich, der Geringste nur und würdig nicht zu schätzen,
Den man in dieser Zahl soll neben andre setzen,
Muß nur zu lautern Schmach auch solches Namens seyn,
Sonst ließ ich mich gar nicht zu dieser Antwort ein.

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/94&oldid=- (Version vom 1.8.2018)