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     An den Leser.

Freundwilliger Leser. Demselben kan ich nicht verhalten, daß die vierte Satyre aus der vierzehenden Juvenalis, die fünfte aber aus der vierten (oder zweyten) Persii übersetzet, doch mit solcher Freyheit, daß ich sie wol zum Theil mag meine nennen; insonderheit die sechste und lezte, welche aus der zehenden Juvenalis ihren Ursprung hat und sonst fast wenig mehr. Denn ich hielte dafür, daß man keine Exempel der Thorheit von Römern und Griechen dörfte entlehnen; weilen solcher Waare bey uns kein Mangel gespühret wird. Die drey ersten Satyren sind vor diesem Hochzeit-Gedichte gewesen, weilen aber der Inhalt fast Satyrisch war; hab ich ihnen, wie Jean Potage seinem Hute, können geben welche Form ich wolte. Auch muß ich zugleich erinnern, daß ich zwey oder drey lateinische, vielleicht auch so viel französische Wörter mit eingeschoben, nicht unwissend, daß solches in teutschen Gedichten kein geringer Solöcismus ist. Habe es aber mit Fleisse gethan, nicht mich sehen zu lassen, denn es wäre eine elende Hofart, sondern vielmehr deren zu spotten, die sich mit solcher Weise ferner thun: Wie auch die lateinische Poeten derer gespottet haben, die halb Lateinisch und halb Griechisch wolten reden. An einem oder anderm Ort aber hat es die Materie, gleich wie itzunder, und die Noth erfordert. Solte aber sonst ein Ditmarscher mit unterlauffen; bitte ich dienst-freundlich, man wolle den guten Kerl, als einen redlichen Landsmann, paßiren lassen. Bin solches iederzeit zu verschulden willig und erbötig.


J. Rachelius.     


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Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)