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Montan und Lalage.

Montan und Lalagen trieb Lieb’ und Noth aufs Meer;
So zärtlich liebte sich kein Paar auf Erden mehr;
Es war Ein Geist und Sinn; oft schwuren sie, ihr Leben,
Zur Probe ihrer Treu, mit Freuden hinzugeben.

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Ich weiß nicht, hat die See den Schwur mit angehört?

Genug, es kommt ein Sturm, der ihre Ruhe stört;
Die Wellen fangen an gleich Bergen sich zu thürmen,
Als wollten sie die Welt und nicht ein Schiff bestürmen.
Montan und Lalage, durch die Gefahr bedroht,

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Seh’n starr in den Tumult, erwarten ihren Tod;

Doch wollen sie umarmt hinsinken in’s Verderben,
Und Eines an der Brust des Andern gerne sterben.

Indessen wächst der Sturm, es steigt und fällt das Schiff,
Und spießt zuletzt sich fest auf einem[1] Felsenriff.

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Doch da der Kiel zerfährt und sich die Planken spalten,

Muß noch ein schmales Bret das arme Paar erhalten.
Nun ruht der wilde Sturm. Sie schwimmen durch das Meer,
Doch für ein kleines Bret war diese Last zu schwer.
„Ach, schrie Montan bestürzt, das Bret wird untersinken,

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Und, wenn nicht Eines weicht, wir beide nun ertrinken!“ –



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Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_072.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)