Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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Schauplaz mit Benennung ihrer Personen durchzuziehen. Hingegen wer das ganze Volk überhaupt, nur mit dem geringsten Wort beleydigte, der wurde den Augenblik gefangen gesezt, und gestrafet, wenn er auch noch so vornehm war, und noch so viele Verdienste hatte. Allein bey uns in England ist es gerade umgekehret. Denn da darf man auf die Leute überhaupt, ohne Gefahr und vor den Augen der ganzen Welt loß ziehen, und aller seiner Beredsamkeit den vollen Zügel schiessen lassen. Saget immer, daß alle Menschen ihren Weg verkehret daß keiner auf Erde sey, der gutes thue, auch nicht einer: Daß unsere Zeiten die Häfe und Grundsuppe der Welt seyen, daß Bosheit und Atheisterey wie anstekende Seuchen, um sich fressen, daß die Ehrbarkeit mit der Astraea entflohen, und was anders dergleichen eben so neues und zierliches Zeug das euch splendida bilis[WS 1] eingiebet, mehr seyn mag: Wenn die Rede zu Ende ist, so werden die Zuhörer insgesamt an statt sich beleidiget zu halten, euch vielmehr noch den verbindlichsten Dank abstatten, als einem Mann der die herrlichsten und nüzlichsten Wahrheiten geprediget habe. Noch mehr, ihr möget, wenn ihr nur die Lungen daran wenden wollet, von den Kanzeln im Covent-Garten ungescheut, wider das unnüze Geschwäz, wider die Hurerey und noch etwas anders schmälen. Zu Whitehall[1] könnet ihr wider den Hochmuth, die Falschheit und das Bestechen eifern. Ihr möget die Räubereyen und Ungerechtigkeiten in den verschiedenen Gerichtshöfen, an den
- ↑ Die Kirche welche der Hof besuchet.
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/71&oldid=- (Version vom 1.8.2018)