Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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Bey welchem Anlaß ich dem geneigten Leser ein kleines Histörchen erzehlen muß.
Ein Marktschreyer in Leicesterfield hatte eine grosse Menge Zuschauer, worunter sich auch ein sehr diker unbehülflicher Mann befand, der von dem Gedräng fast erdrüket ward, und alle Augenblik schrie: Verflucht, was das für ein Gedräng ist! Plaz: machet doch ein wenig Plaz ihr Leute. Wo Henker kömmt denn die Menge Volkes her? Verfluchte Schelme die so drängen. Guter Freund, stosset doch nicht so mit euerm Ellbogen. Ein Leinenweber, der nächst dabey stand, konnte sich nicht länger halten: Daß euch der Henker hole, (sprach er) seyt ihr nicht ein dikes Vieh! Wer Teufel drukt denn mehr als ihr selbst? Sehet ihr nicht daß euer diker Ranzen hier, mehr Raum einnihmet als fünf andere? Ist denn der Plaz nicht so gut für uns andere als für euch? Ziehet euern ungeheuren Wanst ein, so wird für uns alle Raum genung seyn.
Es giebt gewisse allgemeine Privilegien für die Scribenten, welche verhoffentlich mir ebenfalls werden zugestanden werden. Vornehmlich dieses, daß wo man mich nicht verstehet, man versichert glauben soll, daß etwas nüzliches und tiefsinniges darunter verborgen steke. Ferner, daß alle die Wörter und Sentenzen, welche mit anderer Schrift gedrüket sind, als etwas ganz ausserordentliches, entweder im Erhabenen, oder Sinnreichen, anzusehen sind.
Was die Freyheit anlanget, deren ich mich zu bedienen für gut befunden, bey oder auch ohne
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)