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mit eisernen Ketten angeschlossen [1] worden, damit sie genöthiget würden, Friede zu halten, und keine Feindseligkeiten unter einander auszuüben. Die erste Gelegenheit zu dieser Erfindung war folgende: Als die Schriften Scoti zuerst heraus kamen, brachte man sie in eine gewisse grosse Bibliothek, und wies ihnen ihren Plaz an. Kaum aber hatte sich dieser Autor daselbst niedergelassen, so legte er bey seinem Lehrmeister dem Aristoteles einen Besuch ab; da sie denn beyde die Abrede trafen, den Plato gewaltsamer Weise anzugreifen, und ihn von seinem Plaz, welchen er unter den Gottsgelehrten beynahe achthundert Jahre lang ungestört besessen hatte, zu vertreiben. Der Anschlag gieng würklich von statten, und die zween Eroberer haben hernach beständig an seiner Stelle regieret. Allein damit in Zukunft die öffentliche Ruhe der Bibliotheken nicht weiter gestört würde, so ward beschlossen, daß alle Streitschriften die etwas stark wären, an Ketten sollten gelegt werden.

Durch dieses Mittel hätte der öffentliche Friede in den Bibliotheken unfehlbar mögen beybehalten werden, wenn in den leztverwichenen Jahren nicht eine neue Art Controversbücher entstanden wäre, welche von einem überaus bösen Geist belebt waren; und dieses zwar wegen des oben erwehnten Streits welchen die Gelehrten um der höhern Spize des Parnassus willen, unter sich hatten.


  1. In den Englischen und andern öffentlichen Bibliotheken, sind viele Bücher mit Ketten angeschlossen, damit sie nicht können gestolen werden.
Empfohlene Zitierweise:
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/293&oldid=- (Version vom 1.8.2018)