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aufhält, jener falschgerühmten Philosophie vorzuziehen, welche sich tief in dieselben hinein läßt, und hernach mit einer Mine und Geberdung als ob sie etwas großes ausgerichtet habe, zurükkömmt, uns zu sagen, sie habe entdeket, daß das innere nichts tauge. Die zween Sinnen welchen sich alle Gegenstände zuerst darstellen, sind das Gesicht und das Gefühl. Diese gehen bey ihrer Untersuchung niemals weiter als bis auf die Farbe, Gestalt, und Grösse, und was sonst für Eigenschaften aussen an den Cörpern theils durch die Kunst, theils von Natur befindlich sind. Alsdenn aber kömmt die allzudienstfertige Vernunft, mit ihren Werkzeugen zum Schneiden, Oefnen, Reissen und Stechen, und will uns unwidersprechlich erweisen, daß die Dinge nicht durch und durch also seyen, wie sie auswendig scheinen. Dieses ist meines Erachtens wol der äusserste Grad der unglükseligen Kunst die Natur zu verkehren; indem es eines ihrer ewigen Geseze ist, daß sie ihren besten Schmuk auswendig anleget. Damit also künftig alle unnöthige Mühe und Kosten, welche mit Anatomirung der Dinge verbunden sind, mögen ersparet werden, so nehme ich hier Anlaß den geneigten Leser zu versichern, daß mein Saz seine Richtigkeit hat, und daß bey allen den cörperlichen Wesen welche ich jemals gekannt habe, die auswendige Seite der innerlichen stets gar sehr vorzuziehen gewesen: Worinn ich auch nur unlängst durch einige neue Versuche noch mehr bin bestärket worden. Lezt vergangene Woche sah ich nemlich ein geschundenes Frauenzimmer, und ihr könnet nicht glauben, wie sehr diese Operation sie verstellt hatte;

Empfohlene Zitierweise:
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/222&oldid=- (Version vom 1.8.2018)