Seite:Swift-Maehrgen von der Tonne-1758.djvu/120

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nicht in dem Verstand, in welchem ihr Vater sie verboten hätte, sondern nur in so fern diese Mode eine löbliche und für das Publicum höchst nüzliche Gewohnheit wäre. Daher diese scharfe Clauseln in dem Testament mit Beding erkläret, und cum grano salis müssen verstanden werden.

Als aber die Moden zu derselbigen Zelt sich gar zu oft abänderten, ward der gelehrte Bruder endlich müde, fernere Ausflüchte zu ersinnen, und das stete Einwenden zu widerlegen. Nachdem also beschlossen war, alle und jede Moden, es koste was es wolle, mitzumachen, verabredeten sich die drey Brüder, und wurden eins, ihres Vaters Testament in einen festen Kasten[1] welcher aus Griechenland oder Italien, ich weiß es nicht eigentlich mehr, war gebracht worden, zu verschliessen, und sich mit vielem Nachsuchen nicht weiter abzugeben, sondern nur dennzumal darauf zu appelliren, wenn sie es nüzlich fänden.

Dem zufolge als hernach die Mode entstand, eine Menge Nestel [2] zu tragen, die meistens von Silber waren, that der gelehrte Bruder den Ausspruch ex Cathedra; Nestel zu tragen wäre ihnen jure paterno ausdrüklich erlaubet; die beyden


  1. Das Verbot, dem gemeinen Volk die H. Schrift in die Hände zu geben. Der Verfasser sagt, daß der feste Kasten darein die Brüder einig geworden, ihres Vaters Testament zu verschliessen, aus Griechenland oder Italien gebracht worden, weil das N. T. in der Griechischen, und die Vulgata in der Lateinischen Sprache geschrieben sind.
  2. Allerley Gebräuche, welche die Römische Kirche aus eigener Macht eingeführet hat.
Empfohlene Zitierweise:
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/120&oldid=- (Version vom 1.8.2018)