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Lösung ihrer Kulturaufgabe zu stützen und zu schirmen, nur durch die Verbindung mit dem Kaisertum erfüllen, das ihnen den Anspruch auf die Herrschaft über den größeren Teil des alten Kulturgebietes Italien verlieh und auch als Grundlage für die Herrschaft über Burgund galt. Auch die Rückwirkungen der Kaiserpolitik auf die Verhältnisse in Deutschland selbst beurteilt Ficker im wesentlichen günstig. Seine Ansichten zu entwickeln, veranlaßten ihn Ausführungen, welche im November 1859 Heinrich von Sybel in München in einer akademischen Rede gegeben hatte.

Während Ficker von seinem Standpunkte aus die historische Entwicklung, wie sie sich tatsächlich vollzogen hatte, zu begreifen und zu erklären suchte, ging Sybel umgekehrt von der negativen Kritik des Verlaufes der Dinge aus und suchte zu erweisen, daß es besser für Deutschland gewesen wäre, wenn Otto I. und seine Nachfolger nicht die Bahnen der allein auf Deutschland selbst gerichteten Politik seines Vaters verlassen hätten. Gleich zu Anfang des nächsten Jahres[1] erschien ein von Ficker verfaßter Artikel in der Innsbrucker Schützenzeitung, in welchem er gegen Sybel unter anderm ausführte: „Erfreute sich das Mittelalter einer größeren Stetigkeit der politischen Gestaltungen als die neuere Zeit, so war das bedingt durch das Bestehen jenes mächtigen Staatskörpers, welcher die ganze Mitte des Weltteils, von den Mündungen des Rheins und der Oder bis zu denen der Rhone und bis zum Appennin erfüllte, des heiligen römischen Reiches deutscher Nation“.

Aus ähnlichen Ausführungen, die Ficker in der Einleitung zu seinem 1860 vollendeten Buche über den Reichsfürstenstand, S. 1 ff., im Jahre 1861 gab, mag hier nur folgender Satz Raum finden: „Es galt, die staatliche Form zu finden, welche das Werk der Verschmelzung und Weiterentfaltung der ureigenen und der überkommenen Bildungselemente schirmen, weitere allgemeine Umwälzungen fernhalten konnte. Auch dieser Aufgabe entsprach nach manchen, nicht wertlosen, aber auch nicht genügenden Versuchen unser Volk durch die Gründung des heiligen römischen Reiches deutscher Nation“. Am ausführlichsten hat Ficker seine

Anschauungen dargelegt in der gegen Sybel gerichteten Schrift:

  1. Nach Jung, Julius Ficker, Innsbruck 1907, S. 317.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Heiliges römisches Reich deutscher Nation. Eine Studie über den Reichstitel. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1910, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_den_Reichstitel_39.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)