Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen | |
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Ja, Grimms Einleitungsworte: „Die von der Malsburg gehören zu dem ältesten Adel in Hessen und erzählen“ scheinen darauf hinzudeuten, daß ihre Freunde von der Malsburg selbst an der Redaktion dieser Sage beteiligt, sind. Karl der Große, der den Malsburg Berg und Bezirk schenkte, verlieh ihnen auch ihr Wappen, Karl sagt bei Winkelmann (VI, 128): „(ich) sondere dir deinen güldenen Schild in zwey gleiche Theile“. Bei Grimms steht aber: „Der König sonderte ihm sein gülden Schild in zwei gleiche Theile.“ Ich habe danach „seinen güldenen Schild“ eingesetzt, um so mehr, als vier Zeilen weiter in dem Schlußsätzchen auch bei Grimms „den zugetheilten Schild“ steht und ein Druckirrtum nur an der ersteren Stelle möglich erscheint.
Nr. 570 (Hennenberg). Die Überschrift bei Grimms ist zwar „Henneberg“, aber die Quelle in Heinrich Christian Senckenbergs Selecta iuris et historiarum sowie die entsprechende Benennung in der Grimmschen Sage selbst zeigen, daß es „Hennenberg“ heißen muß. Ein edler Herr baut in Franken, wo eine Birkhenne auffliegt, sich ein Schloß „Hennenberg“, und „an dem Berge war ein Köre, da baute er seinen Dienern gar ein lustige Wohnung, und nannte sie von der Köre“. Dieser Schluß der Sage läßt nur die Meinung zu, als hätte die Dienerwohnung von der Köre geheißen; tatsächlich aber geht an der Urstelle die Erzählung noch weiter und läßt erkennen, daß er seine Diener, Dienstmannen, mit dem Namen „von der Kören“ begabte.
Nr. 571 (Die acht Brunos). Es haben sich nach Cyriakus Spangenbergs Quernfurtischen Chronik 1590, S. 134 ff., ein paar kleine Irrtümer eingeschlichen. Mit typographischer Unordnung der betreffenden Zeile steht, der Graf Gebhard habe „zum oftern Mal“ beschwerliche Gedanken gehabt; man sieht genau, daß das n nachträglich zugefügt ist, zuerst also „zum ofter Mal“ dastand. Dies hat auch die Quelle, nämlich „zum offtermal“, was also auch bei Grimms wiederherzustellen war; auch in Nr. 560 „oftermal“. Der heilige Bruno „wandelt einmal hin und her“; in der Quelle „spaziert er auf und ab“ – mit von Grimms absichtlich vermiedenem Fremdwort. Er sieht da die Frau mit den acht Kindlein im Kessel kommen, die auf seine Frage sagt, es seien „junge Wölfferlin oder Hündlin“, es heißt nun weiter: „Lasset sich doch Herr Brun düncken, es lautte diese stimme nicht aller Dinge, wie junger Hündlin“. Bei Grimms lautet die Stelle aber: „so däuchte es Bruno doch nicht aller Dinge, als ob die Stimme wie junger Hündlein lautete“. Es ist klar, daß durch irgendein Versehen, vielleicht auch Überschreiben, die Worte „nicht aller Dinge“ an falscher Stelle und ohne Sinn stehen; es war daher die Umstellung nach Maßgabe der Urstelle vorzunehmen. Als Bruno die böse Absicht, die acht Kinder zu ertränken, aufgedeckt und vereitelt
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)