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Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen

mit seinem Pfluge am Hof“, dann wurde „erschien“ aus irgendeinem Grunde durch „ging“ ersetzt, ohne daß die Veränderung sich auch auf den Ausdruck „am Hof“ weitererstreckt hätte. Unter diesen Umständen habe ich „ging … an Hof“ gesetzt, die Artikellosigkeit eines solchen Ausdruckes wie „an Hof“ ist auch Grimms geläufig.

Nr. 521 (Ursprung der Zähringer). Die Sage zeigt so engen Anschluß an die „Chronik von Freyburg“, hinter Schilters Ausgabe von Königshofens Elsässischer Chronik (S. 44), daß die Wiederherstellung auf Zeile 3 der Sage „hinter Zähringen dem Schloß“ nötig wird; Grimms haben hier „Zähring“, sonst aber in der Sage durchweg auch „Zähringen“.

Nr. 524 (Graf Hubert von Calw). Die Sage ist aus einer lateinischen Fassung in Crusii Annales Suevici (Francof. 1595. dodec. II. p. 263) übertragen und in den Ton der deutschen Sage gebracht. Gegen den Schluß steht bei Grimms: „Sein (des Grafen) Wille ward genau vollzogen und über seinem Grabe ein Heiligtum errichtet, nach seinem Namen Hubert oder Oberk „zu Sankt Huprecht“ geheißen.“ Crusius dagegen hat: „Quod sie factum est: fanumque de nomine Comitis huius, cui Oberto, vel Huperto, nomen fuerat, appellatum est Huperti fanum, zu Sanct Huprecht.“ Es ergibt sich daraus, daß endlich die Verderbnis „Oberk“ aus dem Grimmschen Texte entfernt werden mußte.

Nr. 529 (Andreas von Sangerwitz. Komtur auf Christburg). Grimms zitieren Caspar Schütz’ Beschreibung der Lande Preußen 1599 fol. Bl. 102. 103; ich benutzte dagegen die „Warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Lande Preußen, durch Caspar Schützen“ (Zerbst 1592. Bl. 112. 113). Richtig bezeichnet die Grimmsche Überschrift den Andreas von Sangerwitz als „Komtur auf Christburg“; das einzige Mal aber, wo im Sagentext diese Bezeichnung vorkommt, steht „Komtur von Christburg“; da aber Caspar Schützes Urtext auch hier „auff“ (nicht „von“) bietet, so ist Grimms Text demgemäß an dieser Stelle zu berichtigen. Bei Grimms heißt es, des Hochmeisters abgehauenes Kinn mit dem Bart sei nach „Kraukau“ gebracht worden; es ist selbstverständlich, daß, zumal da Schütze „gen Crakow“ gewährt, der Name der Stadt „Krakau“ bei Grimms wiederherzustellen war. – Zu beachten ist, daß Grimms absichtlich zu starke Ausdrücke ihrer Urquelle aus ästhetischen und ethischen Gründen milderten. Es sei dies an zwei Stellen unserer Sage aufgewiesen. Schütze (Bl. 113): „Die Knechte … soffen sich voll, daß“ usw.; Grimms: „Die Knechte … tranken soviel, daß“ usw. Schütze: man sahe nichts denn „Vnzucht, schande und hurerey“ treiben; bei Grimms dafür nur: „Unzucht und Schande treiben“. In dem vierten, auf S. 411 beginnenden Absatze muß der aufmerksame Leser eine Störung

Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)