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Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen

der kaum mit dem der Frau Pattberg einige Ähnlichkeit aufzuweisen vermöchte.

Nr. 307 (Der tote Bräutigam). Folgt der Darstellung in Prätorius’ Weltbeschreibung 1, 105 in recht freier Weise. Bemerkenswert ist, daß Grimms durchgängig „die Nixe“ statt „des Nix“, wie die Quelle bietet, setzten. Es kam daher, daß die Brüder den „toten Bräutigam“ zur Hauptperson der Sage machten und ihn, als er ertrunken war, gleichsam als Opfer der Nixe, nicht des Nixen, hinstellten.

Nr. 309 (Haus Jagenteufel). Auch sehr freie Nacherzählung in Prätorius’ Weltbeschreibung 2, 69 unter gänzlicher Ausschaltung aller der Stellen, die davon berichten, daß Hans Jagenteufel vorzeiten ein schlimmer Förster gewesen sei.

Nr. 310 (Des Hackelnberg Traum). Wieder freie Nachbildung von Otmar S. 248, ebenso wie Nr. 311 „Die Tut-Osel“ von Otmar S. 241 ff., in der ganze Ausführungen der Quelle in ein paar Worte zusammengezogen sind. Die Sage Nr. 316 von der „Jungfrau Ilse“ ist ganz frei aus verschiedenen Stücken bei Otmar S. 171 zusammengesetzt, nur die Einleitungssätze sind wörtlich einer Anmerkung Otmars entnommen, aus der ich daher ein unangenehm bei Grimms fehlendes Wort („liegt“ hinter „gegenüber“) ergänzt habe.

Nr. 318 (Der Roßtrapp und der Kreetpfuhl). Gleich im Anfang puristische Änderung gegen Otmar S. 181, der „ovalrunde Vertiefung“ schreibt, woraus Grimms eine „eirunde Vertiefung“ machten; in der vierten Sagengestalt änderten sie „in Minuten“ in „im Augenblick“ ab. Bei Grimms heißt es von der Rossespur auf dem Felsen der Roßtrappe: „Die Zeit hat die Vertiefung kleiner gemacht, aber kein Regen kann sie ganz verwischen“, in ihrer Quelle bei Otmar S. 185: „Die Länge der Zeit hat die Vertiefung kleiner gemacht, aber kein Regen kann sie ganz verwaschen“. Das Wort „verwaschen“ ist zweifellos besser als „verwischen“, trotzdem aber schien mir es nicht geraten, „verwaschen“ in die Grimmsche Sage einzuführen.

Nr. 320 (Der Jungfernsprung) faßt drei Sagen zusammen, die Peschek in seinem Buche „Der Oybin bey Zittau“ (Zittau u. Leipzig 1804, S. 33, 34) unter rationalistischer Bekrittelung vorbringt. Was Grimms daraus gemacht haben, ist etwas ganz Neues und gleichsam eine Art Wiederentdeckung der Sagen aus dem Wust einer verderblichen Überlieferung.

Nr. 327 (Tote aus den Gräbern wehren dem Feind). Die kurze Sage folgt zunächst ganz wörtlich dem Vortrage bei Otmar S. 28, dazu bestimmt, den Dorfnamen „Wehrstedt“ zu erklären. Grimms haben nur für „Barbaren“ einmal „Heiden“ eingesetzt, den entscheidenden Satz aber meines Erachtens durch ihre Wiedergabe verringert.

Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)