Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen | |
|
Unglücks von sich hatten verlauten lassen,) und davon geritten ist, da sie denn kaum mit genauer Noth, auff einem nahe dabey gelegenen Hügel gerathen ist, als flugs hinter sie her das Schloß versuncken, und das Wasser hingegen auffgekommen gewesen: welches sie mit grosser Bestürtzung, aufn Ochsen sitzende vom selbigen Hügel hinter sich sehend, innen geworden ist. Davon man noch heutiges Tages den erhabenen Ort, den Ochsenberg heisset, oder auf Niedersächsisch, Oßenberg.“ Und weiter (1, 97) für Nr. 111: „Mercke hier, von einem benachbarten Orte Arend-See, daß daselbst auch eine sehr grosse See sey, die fast uff eben den vorigen Schlag uhrplötzlich soll entstanden seyn: In deme auch ein groß Schloß untergegangen, und nicht mehr davon gekommen weren, als ein Mann und Weib: davon das Weib im fortgehen ohne Gefähr zu rücke gesehen, u. die schleunige Verenderunge innen geworden ist, gegen ihren Mann mit diesen Verwunderungs-Worten herauß brechende: Arend, sehe! und aus diesen Wörtern sol hernach dem Städtlein der Nahme geworden seyn, so an der See aufferbauet ist. Woselbst ich nicht minder mit Augen gewesen bin, und mich unter andern über das sehr schöne kleine und weisse Streu-Sand, so in grosser Menge in einem kleinen Bergelein hervor raget, verwundert habe: Als welches auch von weiten auff viel Meilen, durch die Boten in Cantzeleien geholet, ja von Hamburg begehret wird. So bin ich auch in dem Jungfrauen Kloster gewesen: Dessen, nebenst der gar greßlichen See, die aber in einer Nacht Anno 815. sol entstanden seyn, auch M. Andreas Angelus gedencket in Annal. March. Brandenb. I. 2. f. 93. Im übrigen wegen der See-Brock sol dieses gewiß seyn [man wil es auch von Arend-See sagen,] wie es meiner Sel. Mutter Vater soll gesaget haben, als der ein bestellter Fischer daselbst gewesen: Nemlich, daß man beym hellen Tage, wenn die Sonne helle scheinet, man alle Mauren und Gebäude des versunkenen Schlosses richtig sehen könne. Weiter wollen noch andere vorgeben, daß man einmahl vorgehabt habe das Wasser zu gründen, da hetten sie am Stricke einen Zettel herauff bekommen, mit diesem Gebote: daß sie ihr Vornehmen weiter unterlassen solten, oder es würde ihrem Orte wiederfahren, wie diesem geschehen were.“
Man wolle dazu die beiden Grimmschen Sagen vergleichen, um der Grimmschen Arbeitsweise recht innezuwerden.
Nr. 125 (Der Glockenguß zu Breslau) und Nr. 126 (Der Glockenguß zu Attendorn) sind gegenüber dem früheren Druck in der „Zeitung für Einsiedler“ Nr. 20 umgeformt worden.
Nr. 128 (Johann Hübner) entstammt Henrich Stillings Jugend (1777, S. 71–75). Bei Stilling erzählt Wilhelm dem Dortchen die Sage, indem sie vor den Ruinen des Schlosses sitzen.
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)