Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen | |
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bietet: „Der Mann … hette … befunden, daß es alles hübsch war abgelauffen: Drumb er die Wehemutter gelobet“; ich habe also „abgelaufen“ mit Bewußtsein im Texte belassen.
In Nr. 54 (Der Schwimmer) erklärt sich der Bäckersknecht zu einer Schwimmwette bereit, wofern ihm seine Kameraden „einen Thaler aufsetzten“. Die späteren Auflagen haben dafür „aussetzten“. Da aber Bräuners Curiositäten S. 37, als Quelle, bieten: „dafern sie ihm einen Taler aufsetzten“, mußte die echte Form „aufsetzten“ wieder eingeführt werden.
Nr. 59 (Mummelsee). Die drei ersten Ausgaben bieten das Unwort „Hanfräpe“; aus dem Simplicissimus, als der Quelle, ergibt sich aber „Hanfräze“ als das richtige; in einen solchen „Pfuhl zum Anfeuchten des Hanfes“ wünschte sich der Wassermann aus dem Mummelsee schlafen zu legen.
Nr. 65 (Vor den Nixen hilft Dosten und Dorant) folgt verschiedenen Sagen des Prätorius als Quellen. Der Nix sagt bei Grimms zu der von seiner Frau gewarnten Wehmutter: „Das hast du nicht von dir selber, sondern mit eines Weibes Kalbe gepflügt“, doch bald darauf: „Das hast du auch von meinem Weibe gelernt.“ Der Sinn verlangt aber auch an der ersteren Stelle: „mit meines Weibes Kalbe“. Zu dieser Änderung nötigt überdies der Urtext bei Prätorius (1, 108): „Das hastu von dir selber nicht, du hast mit meines Weibes Kalbe gepflüget.“
In Nr. 66 (Des Nixes Beine) wird erzählt, wie „ein Weib vor ein Balbiershaus gekommen, der nahe am Wasser gewohnet“. Das ungewöhnliche Relativ „der“ geht auf den Genitiv in der Zusammensetzung „Balbiershaus“. Prätorius’ Weltbeschreibung (1, 533) gibt auch: „ein Weib für ein Balbiers-Hauß gekommen, der …“, nur daß die Beziehung nach der teilenden Schreibung „Balbiers-Hauß“ und nach damaliger Art leichter erscheint.
Nr. 73 (Der Kobold in der Mühle). „Der Kobold brauste ein paarmal in der Stube auf und ab“': nicht von „brausen“, sondern von „brausten“: vgl. Deutsches Wörterbuch 2, 330.
Nr. 81 (Der Wechselbalg). Bei Grimms läßt die Frau ihr Kind auf die „Cyriaks-Wiese“ tragen und „wiegen“ und ihm aus dem „Cyriaks-Brunnen“ zu trinken geben. In Bräuners Curiositäten (1737 S. 6) als Quelle steht aber, die Frau „wolle ihr Kind … auf die Cyriacks-Wiegen tragen, und wiegen lassen“; „Cyriacks-Wiege“ folgt auch bei Bräuner noch einmal, wo Grimms umschreiben. Also auch bei Grimms ist wieder „Cyriakswiege“ herzustellen. Offenbar wünschte der Berliner Korrektor von 1816 zu dem Cyriaksbrunnen auch eine Cyriakswiese zu haben.
Nr. 85 (Das Vogelnest): nach dem Simplicissimus cap. 23. aber in Einzelheiten geändert; nur die sachlich und formell richtige Wortfolge der Quelle: „auf dem Baum sehe ich dich selbst
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)