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Freiburg getrieben, wo ihm seine eigenen, den Rückzug hindernden Schanzen blutige Verluste bereiteten. Die Baiern indeß schrieben sich nicht weniger als die Franzosen die Ehre des Sieges zu. Für Mercy galt indeß, wie die Folge zeigte, der Tag wirklich als ein verlorner. Als einige Tage später, hauptsächlich wegen l’Hôpital, von Condé die Auswechselung der Gefangenen vorgeschlagen wurde, konnte Mercy für drei seiner Baiern nur jedesmal einen Franzosen anbieten.

Die Karthause zu St. Ottilien hatte, da der Kampf in ihrer unmittelbaren Nähe gewüthet, bedeutend gelitten. Die Kanonenkugeln hatten Dach und Mauern durchlöchert; die Fenster waren zerschmettert; die Insassen aber geflohen. Es war gewiß, der Jesuit hatte die Franzosen an Mercy verrathen; l’Hôpital aber brachte, als er wiederkehrte, erst etwas Genaueres über den Schurkenstreich des Paters Felix, indeß er dem Prinzen einen aus Mercy’s Händen kommenden Brief übergab.

Dieser enthielt folgende Zeilen:

– Mein Prinz! Als Du in höchster Bedrängniß warst, da handelte ich an Dir als Ehrenmann und Franzose, um Dich mit Verachtung der Gefahr, welcher ich selbst mich dadurch aussetzte, zu retten. Du hast mir dadurch gelohnt, daß Du, der Reiche, dem wie dem König David so viele Schafe zu Gebote standen, dem Armen sein einziges Lamm raubtest und dasselbe unbarmherzig Deiner Schändlichkeit opfertest. Du hast Athanasia ins Verderben geführt. Meine Rache ist es, die Dir die Niederlage von Freiburg bereitete. Diese Rache hat nur erst begonnen. Von jetzt an zittere bei jedem Schritte, den Du thust; denn das Unglück, durch meine Hand bereitet, wird Dir nimmer fern sein, bis es Dich hingetrieben hat zu dem Teufel und seiner Genossenschaft, der Du angehörst . . . P. Felix de Joliette, Coadj.S. J.

Hätte Louis Condé ein gutes Gewissen gehabt, so würde er über diesen Brief eines fanatisch Aufgeregten gelächelt haben; so aber machte derselbe bei ihm einen tiefen Eindruck. Dieser wurde noch verstärkt, als am folgenden Tage beim Recognosciren unmittelbar aus der Nähe eines französischen Pikets ein Schuß auf ihn abgefeuert wurde, dessen Kugel seinen goldenen Schnabel am Sattelknopfe zerschmetterte. Condé wollte es sich nicht gestehen, daß die Kugel von dem Jesuiten oder seinen Freunden kam. Er schämte sich seiner Unruhe, seiner Besorgnisse; schrieb aber dennoch an den Cardinal Mazarin, obgleich dieser kein Freund von ihm war, um ihm die Verrätherei seines Berichterstatters anzuzeigen.

Sechs Wochen später erhielt Condé durch Vermittelung des päpstlichen Nuntius am kaiserlichen Hofe zu Wien einen mit St. Peters Fischerringe gesiegelten Brief. In dem Umschlage lag ein Blatt des Inhalts:

– Auf den mir durch Se. Eminenz, den Cardinalbischof von Frascati auferlegten Wunsch seiner Heiligkeit, des Papstes, ist der P. Coadjutor Felix Nathanael de Joliette der Mission der Gesellschaft Jesu zu Cantong in China zugetheilt und demgemäß von Ancona über Alexandria nach seinem Bestimmungsorte abgegangen. So bescheinigt’s: der Pater Ordens-General der Gesellschaft der Väter Jesu.

Ein weiterer Schritt des Prinzen Louis, durch Mazarin das Geschick Athanasia’s zu erkunden, blieb erfolglos. Der Cardinal behauptete ein hartnäckiges Schweigen, und Condé konnte nur vermuthen: Athanasia, seine reizende, liebende Retterin, sei ihrem Vater nach dem fernen Osten Asiens gefolgt.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 685. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/702&oldid=- (Version vom 1.8.2018)