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seine Truppen vor der vereinzelten Vernichtung durch Herstellung einer Schlacht zu bewahren; denn der brave Mercy ließ Truppen auf Truppen aus dem Thore von St. Martin vorrücken, und bereits sah man zur Linken des Schlachtplatzes die Eisenhelme und blanken Kürasse der baierschen schweren Reiter, welche in gewichtigem Trabe dem Fußvolke zu Hülfe kamen.

Diese Bedenken hielten jedoch bei Condé nicht Stich, als er seinen getreuen l’Hôpital anscheinend leblos stürzen sah. Noch hatte er sein Schwert so wenig gezogen, als Tilly das seinige je während der Schlacht zog; jetzt aber blitzte der Stahl in seiner Hand und er rief mit Posaunenton:

– Kameraden! Voran! Ich werde den l’Hôpital weder lebend noch todt in der Gewalt des Feindes lassen, und soll dieser verfluchte Platz mein Kirchhof werden!

Ein halbes Dutzend französischer Reiter, welche bereits das Weite suchten, folgten dem Feldherrn. Ihnen aber warfen sich drei vortrefflich berittene, soeben als die ersten ihres Regimentes auf dem Wahlplatze ankommende baiersche Kürassiere entgegen. Ein riesiger, lanzenbewehrter Bretagner stieß den ersten derselben sogleich nieder; dann steckte der Franzose kaltblütig die Lanze links in den Schuh und zog den Degen. Condé war zugleich mit dem zweiten Baier, einem Officier, handgemein geworden, während der dritte, ein wilder Kämpe auf einem unschätzbaren, schneeweißen Schimmel, allein zwei Franzosen in die Flucht trieb, von denen der eine, ein Trompeter, angstvoll auf seinem mit einer Standarte nach damaliger Sitte geschmückten Instrumente zur Retirade blies. Condé führte einen erbitterten Hieb auf seinen Gegner. Durch eine geschickte Wendung des Baiern aber traf er den Küraß desselben . . . . Die Toledoklinge des Prinzen sausete klingend über seinem Kopfe und fiel zur Erde; Condé hatte nur den Stumpf seines Schwertes in der Hand.

Glücklich leuchtete der Stern des Feldherrn, als der edle Schimmel des dritten baierschen Kürassiers, mit furchtbarer Gewalt hintenausschlagend, den leichten Renner des Prinzen traf und ihn über den Haufen warf. Der sicher tödtliche Hieb, welchen Condé’s Gegner auf sein Haupt führte, ging über dem Federhute des Niederstürzenden fort. In der nächsten Secunde ward der Officier auf immer stumm gemacht, denn der Bretagner bohrte ihm sein Schwert durch den Leib.

Einen augenscheinlich gefährlicheren Moment als diesen des wüsten, wilden Reitergefechts hat der große Condé während seiner langen Kriegerlaufbahn sicherlich nicht durchlebt. Sein Verderben war nicht weiter von ihm entfernt, als die Schneide eines scharfen Säbels breit ist. Mercy selbst mit seinen Kürassieren brausete heran – eben als der Fliegenschimmel Condé’s mit zwei Kraftansätzen emporsprang und den in Carrière fliehenden französischen Cavalleristen folgte. Der arme l’Hôpital blieb in der Hand des Feindes.

Die Franzosen vermochten die beiden vorhin genommenen Schanzen nicht zu behaupten, und in großer Unordnung kamen sie bis nach Ebnet. Hier stellte Condé sein Heer auf; die Reserven langten vor Horben an; die Infanteriemassen kamen in’s Gefecht gegen die immer mehr sich entwickelnden baierschen Streitkräfte, und um neun Uhr Morgens, also nach vierstündiger Anstrengung, konnte der jugendliche Held Frankreichs seinerseits dem General Mercy das Uebergewicht seines Genies und die Bravheit seiner Soldaten fühlbar machen.

Mercy ward in seinem Siegeslaufe aufgehalten und ward Schritt vor Schritt wieder auf

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 684. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/701&oldid=- (Version vom 1.8.2018)