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– Das wolle Gott verhüten! rief Pater Felix aufspringend, mit unverkennbarem französischen Patriotismus. Condé ist nicht der Mann, sich von deutschen Büffeln fangen zu lassen . . .

Der Prinz umarmte den Jesuiten mit lebhafter Bewegung.

– Das ist er gewiß nicht: so lange ihm französische Herzen zur Verfügung stehen! sagte er. Aber verdammt, Pater Felix, es wird dennoch nicht so leicht für mich sein, wieder zu meinen Mousquetaires zu gelangen . . .

Pater Felix sah jetzt erst den Jüngling mit prüfendem Blicke an. Seine Hutfeder war freilich geknickt, sein ganzer Anzug in großer Unordnung; dennoch verrieth seine prächtig gestickte Wäsche, der unschätzbare Diamant auf dem Knopfe seines goldenen Degengefäßes, noch mehr sein edles Gesicht, das ungeachtet der Jugend des Prinzen – er war dreiundzwanzig Jahre alt – hohen Ernst zeigte, sowie sein blitzendes Falkenauge den Fürsten und Feldherrn.

– Sie sind Condé, der Prinz Louis von Condé? sagte der Jesuit mit Ueberraschung, indeß er sich ehrfurchtsvoll verbeugte. Ja, ich erkenne Sie, mein Fürst . . . Aber welche verzweifelte Situation!

Es erfolgten jetzt von beiden Seiten nähere Erklärungen. Der Jesuit, welcher sich hier im Lager der Deutschen befand, diente allerdings den Zwecken seines Ordens, aber nicht minder dem Manne, welcher angefangen hatte, gleich dem großen Richelieu, Frankreichs Geschicke mit fester Hand zu leiten. Pater Felix war Berichterstatter des Cardinals Mazarini, und zwar mit Vorwissen seines Ordens, der eben so glücklich gewesen war, sich eine kräftige Begünstigung des französischen, allmächtigen Ministers zu erschleichen und zu erringen. Der Orden wirkte mit dem Erfolge, welchen jesuitische Bestrebungen, namentlich in jener Zeit, immer aufzuweisen hatten, dahin, daß die Politik Mazarins, die Uneinigkeit der Deutschen und die Verwirrung ihrer Angelegenheiten noch mehr zu vergrößern, um sie Frankreich gegenüber ohnmächtig zu machen, reiche Früchte trug. Mazarin selbst verrieth seine deutschen, protestantischen Bundesgenossen und ließ wiederum durch seine Creaturen die Katholiken an die Protestanten verrathen. Nach Mazarins hinterlistiger Politik hatte der Prinz Condé den Befehl, die französische Armee aufs Aeußerste zu schonen, so wenig wie möglich zu schlagen, aber durch Contributionen und Brandschatzungen so viel Geld als möglich zusammenzuraffen.

Pater Felix war zu sehr Jesuit, als daß er nicht hätte wissen sollen, daß seine Pflicht gegen Mazarin die Rettung Condé’s von ihm erheischte, obgleich der Prinz die Macht der Kirche angriff, für welche der Jesuitismus zu kämpfen verbunden war. Er sah es augenblicklich ein, wie hoch seinem Orden ein Dienst gleich der Rettung des französischen Befehlshabers, der dazu ein Condé war, bei Hofe angerechnet werden würde, und er war fest entschlossen, für den Prinzen das Aeußerste zu wagen. L’Hôpital ward an der Schärpe Condé’s ins Zimmer gezogen, die Fenster wurden dicht verhängt und ein Kriegsrath begann.

Um die beiden Krieger vollends zu beruhigen, erklärte ihnen Pater Felix, daß er im Stande sei, sie wochenlang zu verbergen. Er sei das einzige Ordensmitglied in der Karthause, und außerdem wohnten hier nur noch zwei sogenannte Scholastiker, beide Römer von Geburt, die durch das eifrigste Studium sich zu ihrer bevorstehenden Prüfung für einen höhern Ordensgrad vorbereiteten.

– Und dann, fuhr Felix fort, ist noch die Wirthschafterin der Karthause hier . . .

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 670. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/687&oldid=- (Version vom 1.8.2018)