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ausführe, sondern einige Monate Bastille riskire. Vergebens! Er blickte St. Simon zwar mit einem kläglichen Gesichte an, als hätte er sagen wollen: Siehst Du, ich hätte können doch mehr verdienen? blieb aber fest.

La Feuillade stürzte auf ihn zu.

– Camerad! Willst Du mir meine Braut rauben? fragte er leise.

Tellier strich seine braunröthlichen Locken zurück und kratzte sich am Kopfe.

– Eine verdammte Geschichte, George! Warum sagtest Du mir das nicht früher, so hätte ich wenigstens den Befehl nicht übernommen, sondern hätte mich krank gemacht.

– Krank gemacht? Siehst Du, das kannst Du ja noch diesen Augenblick . . .

– Wie? fragte Tellier erstaunt.

– Du wirst gleich in dieser Secunde tödtlich krank; ich bin zufällig hier, ein Offizier der Garde gleich Dir, und weil Du es nicht riskiren willst, einem der Mousquetaires Deine Gefangene anzuvertrauen, so übergiebst Du mir die Ausführung dieses Befehls. Das Andere ist meine Sache und Verantwortlichkeit.

– Gut! Das geht, George! Und Niemand kann mir an’s Collet kommen, wenn ich heimkehre. Aber . . . parbleu . . . Eine so große Gefälligkeit . . . Siehst Du? Und Du hast es immer hartnäckig verweigert, Deinen damascirten deutschen Degen an mich zu verkaufen . . .

– Ich schenke ihn Dir! Nun aber rasch!

Tellier schnitt eine entzückte Grimasse und versicherte, der Degen sei ihm lieber, als eine Garde-Compagnie.

Plötzlich zog Tellier mit großer Würde sein Schnupftuch und brachte es an die Nase.

– Mein Gott! rief er mit hallender Stimme. Ich glaube, ich werde krank!

– Was, Herr von Tellier! schrie St. Simon.

– Hören Sie zu, wenn Sie mich verstehen wollen! rief Tellier, mit wahrhaft lederner Stirn den Grafen anfahrend. Es ist ein Blutsturz, oder etwas Aehnliches im Anzuge . . . Meine Herren und Damen . . . Kommen Sie einem sterbenden Soldaten zu Hülfe . . .

Die Gesellschaft eilte hinzu und hob, indeß die Herzogin selbst Hand anlegte, den Kranken vom Pferde und legte ihn sammt seinem Taschentuche auf das Gras nieder.

– George! rief Tellier dann. Herr Lieutenant Marquis La Feuillade. Treten Sie zu mir. Sie sind hier der einzige Offizier von Sr. Majestät Mousquetaires. Ich rufe die Gegenwärtigen zum Zeugen meiner plötzlichen, schrecklichen Krankheit, die mich verhindert, die Dame Minas befohlenermaßen zu verhaften. Marquis La Feuillade, ich übergebe Ihnen daher hiermit das Commando über meine Soldaten und diese Ordre, mit dem Befehle, dieselbe statt meiner auszuführen. Habt Ihr verstanden?

– Ja, Lieutenant Chevalier Le Tellier.

– Und Ihr auch, Ihr Mohren? fragte er die Mousquetaires.

– Ja! brummten diese.

– Nun so bringt mich an einen Platz, wo ich in Ruhe sterben kann . . . Aber Herzog, sagte er dringend, eine Flasche Wein für mich und eine für jeden der Reiter . . .

Das innere Ergötzen der Gesellschaft braucht nicht beschrieben zu werden. Auf den Wunsch ihres kranken Offiziers saßen einige Mousquetaires ab und trugen Le Tellier in das

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 650. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/667&oldid=- (Version vom 1.8.2018)