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Gulden. Werff hat, obgleich er so sehr fleißig ausführte, eine nicht geringe Anzahl von Bildern geliefert, von denen Dresden und München die schönsten bewahren. Seinen Adel empfing er vom Kurfürsten von der Pfalz, welcher ihm auch ein Jahrgeld von 4000 Gulden zahlte, das später auf 6000 Gulden erhöht wurde. Werff wurde daher am Ende ein Mann von sehr großem Vermögen, der mit den ersten Familien Rotterdams verwandt war. Für seine Lieblingsstadt Rotterdam zeichnete Werff, der in architektonischer Hinsicht bedeutende Kenntnisse hatte, den Entwurf der jetzigen Börse, und seine Freunde, die Baumeister in Rotterdam, hatten sich sehr oft von seiner Hand der schönsten Risse zu ihren Portalen und Façaden zu erfreuen. Einige dieser architektonischen Zeichnungen, sehr sauber ausgeführt, sind noch vorhanden; anderweite Zeichnungen, die er stets gleich seinen Gemälden auszuführen pflegte, sind im höchsten Grade selten und daher von ganz ausnehmendem Werthe. Nach Werff ist oft gestochen und dabei ist seinen Genrestücken stets der Rang eingeräumt; wohl auch ein Anzeichen, daß seine selten so vollendet als das Bild Abraham und Hagar aufgefaßten geschichtlichen Gemälde diesen Genrestücken an künstlerischem Gehalte nachstehen. Van der Werff starb in Rotterdam im Jahre 1722. Von seinen zahlreichen Schülern verdient sein Bruder Pieter van der Werff besonders genannt zu werden, obgleich derselbe die Manier des Meisters noch weiter auf die Spitze trieb und keineswegs an Phantasie und Compositionstalent dem Adrian gleichkam. Pieter lebte von 1665 bis 1718.




Mutter und Kind.
Von B. van der Helst.

Ueber das Geburtsjahr dieses ausgezeichneten holländischen Bildnißmalers sind die besten Kunsthistoriker nicht einverstanden. Jedenfalls aber muß dasselbe zwischen 1601 und 1613 fallen. Sein Lehrer wird nirgend erwähnt. Um so bewundernswürdiger ist dieser, als Autodidakt anzusehende Maler durch die hohe Vollendung, welche er in seinen Werken erreichte. In seiner vortrefflichen Färbung und Beleuchtung nähert er sich dem alten Zauberer Rembrandt; mit Van Dyk hat van der Helst die breite, klare Behandlung und ästhetische Auffassungsweise der Köpfe gemein und in der Darstellung der Gewandung kann er mit Terburg wetteifern. Ganz besonders zieht die charakteristische, sprechende Wahrheit seiner Portraits an.

Die feine geistreiche Auffassung der Form und des Inhalts menschlicher Gesichtszüge hätten van der Helst den glänzendsten Weg zur naturkräftigen Historienmalerei bahnen können, wenn der Fleiß eine größere Herrschaft über sein unbändiges Gemüth besessen hätte. Er malte, stets im Strudel wilder Zerstreuungen lebend, nur dann, wenn er durchaus Geld brauchte; übrigens betrachtete er seine Kunst ganz als eine Nebensache. Er lachte die Leute aus, welche für seine Bilder schweres Geld bezahlten und dieselben für Meisterwerke erklärten.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 597. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/614&oldid=- (Version vom 1.8.2018)