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Maler das absichtliche Ringen nach anmuthigen Haltungen vorwerfen könnte. Terburg’s Zeichnung ist ungemein correct, leicht, frei, zierlich. Der Ausdruck seiner Köpfe ist mehr anmuthig als charakteristisch; Härten in den Zügen derselben findet man nicht. Das Effectvolle verschmäht der Maler beständig. Harmonisch und milde wie die Zeichnung ist auch das Colorit, und in diesem und in der herrlichen Beleuchtung liegt Terburg’s größte Kraft. Alles ist bei ihm auf’s Sauberste ausgeführt, ohne daß der Gedanke an Aengstlichkeit der Behandlung je aufkommen könnte. Es ist bei Terburg eine feine, leichte und breitere Malerei als sie etwa Dow aufzeigt, dem man oft die Mühe ansieht, welche ihn seine Arbeit kostete.

Die Harmonie der Färbung bei Terburg ist unvergleichlich, dazu kann sie kaum wärmer und voller sein. Es ist ein Terburg’sches Stück mit einem Zauber der Färbung angehaucht, wie ihn keiner seiner Nebenbuhler in der Gewalt hat. Auch ist er in der Verdämpfung der Farben, namentlich in der Luftperspektive vollendeter Meister. Zeugstoffe wußte er mit herrlichster Wahrheit darzustellen.

Die Dame, welche auf diesem Bilde die Hände wäscht, während die Zofe aus einem silbernen Gefäße Wasser drüber gießt und mit der linken Hand ein Becken unter hält, hat Terburg sehr oft gemalt. Es wird Terburg’s Gattin sein: eine frische, zarte Blondine, mit unverkennbar holländischem Gesichtsschnitte. Sie ist fast jedesmal wie hier im reichen weißen Atlaskleide, oder trägt eine Pelzjacke. Zuweilen ist sie neben vornehmen Herren oder Offizieren dargestellt, oder sie musicirt, oder empfängt Unterricht, oder läßt sich einen Brief überreichen.

Terburg hat während seiner langen Laufbahn viel gemalt und die besten Gemäldegallerien sind reich von seiner Hand geschmückt. Dresden hat allein drei Bilder, auf welchen diese blonde Dame dargestellt ist. Sehr oft wird das Bild Terburg’s genannt, welches „die väterliche Ermahnung“ betitelt ist; er wiederholte dies Stück öfter. Noch sind zwei Bilder zu erwähnen: die Beschwörung des Friedens zwischen den Niederlanden und Spanien zu Münster am 15. Mai 1648, worauf sich neunundsechzig Portraits von Gesandten der europäischen Mächte befinden, und ein alter Klosterhof mit einer Schleifmühle, die ein Pferd treibt, während der Schleifer arbeitet, der Eigenthümer des Instruments ruhig wartet und eine Frau ein Kind von Ungeziefer reinigt. Man steht auf beiden Bildern den Meister in einer andern Weise wirken, als gewöhnlich. Das erstere Stück ist in Amsterdam, das andere in Berlin. Die humoristische Schleifmühle behauptet einen bedeutenden Kunstwerth.

Terburg, um 1610 geboren, stammte aus einer alten Familie aus Zwoll und war der Sohn eines dortigen Malers. Von einem namhaften Meister wurde Terburg nicht gebildet. Er machte eine Kunstreise durch Deutschland, ging nach Italien und blieb längere Zeit in Rom, als ein eben so unverfälschter Niederländer wieder gehend, wie er gekommen war. Zur Zeit des westphälischen Friedensschlusses befand sich Terburg in Münster, ein hochgeehrter Künstler, dessen Bildnisse ungemein theuer bezahlt wurden. Dann reiste er nach Madrid, vom Könige eingeladen, und ward hier sehr ausgezeichnet, sogar zum Ritter des Reichs ernannt. Hier in Madrid malte Terburg eben so wie in London, welches er später besuchte, fast nur Portraits. Auch in Paris hielt er sich länger auf. Seine Bildnisse waren sehr ähnlich und hatten dabei die geschätzte Eigenschaft, daß der Maler unwillkürlich eine sanfte Anmuth über seine Gesichter und Figuren ausgoß.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 590. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/607&oldid=- (Version vom 1.8.2018)