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durch Deine Familienverhältnisse genöthigt, Paris diese Demonstration zu machen: so kannst Du mir wenigstens den schlimmen Humor dieses Tages anvertrauen.

– Komm und siehe! erwiderte Theodor einfach.

Der verwachsene Saint Foix kam an Watteau’s Wagen heran, aufgeräumt wie ein boshafter Affe heute, bestand er, obwohl vergebens, darauf, daß Madame de Saint Foix mit in Watteau’s Wagen Platz nehmen solle. Hatte der Bucklige im Sinne, dem armen Maler eine neue Tortur zu bereiten?

Endlich war Alles zur Abreise bereit. Sechzehn Wagen setzten sich in Bewegung, und nach den verschiedensten Abenteuern ward endlich Abends das Dorf erreicht, welches Les Sept Fontaines hieß.

Hier angekommen, lagerte sich die Gesellschaft im Garten des Schlosses. Watteau war heute verliebter als je, die Chiarini spröder, als er früher nur geahnt hatte. Der dicke Farini in seinem orientalischen Costüme gab das Zeichen, daß die Gesellschaft sich niederließ. Der grüne Rasen ward zum Sopha. Madame de Saint Foix mit ihrem Kinde lagerte sich neben Farini und Saint Foix selbst bemühte sich, seiner Frau auf die groteskeste Weise den Hof zu machen. Er umarmte sie und kollerte sich mit ihr, der Weinenden, auf dem Rasen umher, indeß Watteau, im höchsten Grade unglücklich, neben der Chiarini zu Füßen einer steinernen Venus saß und seine ganze Unterhaltungsgabe aufwandte, um seiner Göttin nur ein einziges Lächeln abzugewinnen.

Theodor de la Boulaye ging am Arme der La Bresson vorüber. Ihr nicht eben sehr edles Gesicht drückte höhnische Verachtung aus; als sie neben dem Maler Watteau und der Italienerin vorüberging. Die ganze Gesellschaft war auf den Act der Trauung gespannt, welcher bald folgen sollte. Es ward zu Tische geblasen. Geblasen sagen wir, denn ein herrliches Musikcorps war mitgekommen, damit die Lust der Geladenen nicht etwa einschläfere.

Theodor kam zu Watteau und führte ihn in die Tiefen eines ausgezeichneten Kellers.

– Du, Freund, bist vollkommen nüchtern trotz Deiner Braut! Suche hier den Wein für den Tisch und für unsere spätere attische Nacht aus! bat de la Boulaye.

Und Watteau fing mit zwei Küfern an, den Wein zu kosten.

Als er wieder zur Oberwelt gelangte, war seine erste Frage nach der Signora Chiarini. Sie war verschwunden. Bald aber vernahm er, daß die Marquise de la Bresson nicht minder eifrig ihren Bräutigam suchte, als er die Italienerin aufzufinden strebte. Die ganze Hochzeitsgesellschaft kam in Bewegung. Der Bräutigam Theodor La Boulaye war eben so wenig aufzufinden, als die schöne italienische Sängerin. Das Pfeifen und Musiciren der Hochzeitsgäste schien sich in Wehklagen verwandeln zu wollen.

Da rollte ein Wagen um elf Uhr auf den Schloßhof. Heraus trat der Marquis im Bräutigamsstaate und die einfach angekleidete Maria Chiarini. Sie trug einen Kranz von Mirthe und sah unbeschreiblich glücklich aus. In einem Augenblicke waren sie von den Neugierigen umringt.

– Es hat eine Hochzeit stattgefunden! sagte Theodor mit hallender Stimme. Es thut mir leid, daß die Erwartungen von vielen der hier Anwesenden einigermaßen getäuscht wurden. Mit Gewalt habe ich meine Braut zum Altar geführt: denn ich wußte, ihr Stolz war zu groß,

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/553&oldid=- (Version vom 1.8.2018)