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Dame stieg aus und La Touche bemühte sich, den Maler zu überreden, in der Kutsche Platz zu nehmen.

Mitten in dieser Unterredung stieß La Touche einen furchtbaren Soldatenfluch aus und rief:

– Flieh, Maddalena! Wirf Dich auf diesen Fuchs; wir werden mit diesen Canaillen fertig werden oder dabei umkommen . . .

Maddalena aber floh nicht; sie suchte vielmehr den Geliebten mit ihrem zarten Körper zu decken. Die Verfolger, diesmal die wahren Verfolger, kamen heran, drei Männer auf vortrefflichen Pferden; voran ein bejahrter Herr in fürstlicher Kleidung und mit Brillant-Schnallen am Hute.

– Kamerad! rief La Touche, indeß er sich hinter sein Roß stellte und Maddalena fester in seinen linken Arm schloß; Kamerad, der Franzose hat hier keinen Pardon zu erwarten . . . Gereut Dich Dein Wort, so tritt zur Seite . . . Hier wird Nichts geschont . . .

La Touche feuerte trotz des Kreischens der Dame und der vorderste, alte Cavalier sank taumelnd zur Erde.

– Mein Vater! seufzte die Italienerin und schwankte ohnmächtig auf den Gefallenen zu.

– Hunde! rief ein kraftvoller Mann, sein Pistol auf Franceschini abbrennend und dann mit hochgeschwungenem Degen auf ihn, der ihm am nächsten stand, eindringend. Mörder des Prinzen von Carignan, Ihr werdet Eurem Geschicke nicht entgehen!

Franceschini sparte seine Pistolenschüsse, parirte den Hieb und dankte dafür mit einer ächten bologneser Innerquart, die dem Reiter durch Rippen und Rücken fuhr. Während dieses Engagements war La Touche, jetzt zunächst von Kampfeslust hingerissen, vorwärts gesprungen, um den Dritten zu entwaffnen. Kühn faßte er den Ziegel des Pferdes und rief:

– Florina, Du warst nie mein Freund, ergieb Dich und wir werden sehen, wie unsere Sachen stehen . . .

Florina aber, kaum zwanzig Jahre, ergab sich nicht, antwortete auch nicht, als durch einen Pistolenschuß. La Touche ließ die Arme sinken, stand aber unerschüttert; dann faßte er seinen Feind und warf ihn vom Pferde.

– Ich bin ein verlorner Mann! schrie er mit lauter Stimme. Aber Du, Freund, stirbst wenigstens mit mir.

Der Stiletstoß, welcher den Piemontesen stumm machte, war La Touche’s letzte Kraft. Er streckte sich als Sieger über seinen Feind aus, in demselben Augenblicke: Maddalena! murmelnd, als diese selbst sich über ihn warf, als könnte sie durch die Gewalt ihrer Liebe sein fliehendes Leben aufhalten.

In kaum einer Minute hatte der Tod eine reiche Ernte gehalten, obgleich Amadeus, Prinz von Carignan, nicht gestorben war. Er nahm die Hülfeleistung Franceschini’s dankbar an, wies aber seine Tochter Maddalena finster von sich.

– Lebt dieser fränkische Abenteurer? fragte er, nachdem er sich mit Mühe erhoben hatte und mit Franceschini’s Hülfe auf die Kutsche zu schwankte, mit matter Stimme.

– Todt! erwiderte der Maler eintönig.

– Die Heiligen seien gepriesen! Das wenigstens ist ein Atom der Rache, die centnerschwer

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/485&oldid=- (Version vom 1.8.2018)